ART ABER SEXY — EMPFEHLUNGEN FÜR DAS OFF-PROGRAMM DER BERLIN ART WEEK

ART ABER SEXY — EMPFEHLUNGEN FÜR DAS OFF-PROGRAMM DER BERLIN ART WEEK

Es ist Berlin Art Week. Und als wäre das offizielle Programm nicht schon zu viel, um komplett be(tr)achtet werden zu können, hat sich gesamt Kunst-Berlin (und ein bisschen Brandenburg) entschlossen, dies als Anlass zu nehmen, ihre Eröffnungen und Events auch auf eben genau jetzt zu legen. Doch welche davon sollte man wirklich nicht verpassen? Heute Abend beginnen wir in Kreuzberg. Um 18 Uhr gehts im Roam los: „A Whore Eyes View“ ist der kluge Titel der Ausstellung des Berlin Stripper Collectives. Das gesamte Wochenende gibt es Performances, Workshops und Kunst. Danach geht es weiter zu Kanya & Kage. Charlie Stein zeigt ab 19 Uhr Gemälde: sexy-dystopische Cyborgs in Öl. „Like Burning Snow“ heißt die Show. Auch hier: Performances. Very FLINTA*, very Berlin, very en maintenant. Man wird nicht alle sehen können, möchte man es bis 20.30 Uhr nach Charlottenburg schaffen. Im alten Karstadt Sport Gebäude auf der Kantstraße, ein architektonisches Juwel der alten BRD (man munkelt LAS würde hier bald ein langfristiges Zuhause finden) gibt es kostenlos das Screening von Ann Orens Meisterwerk „Piaffe“ zu sehen: Pferde, Sex, fantastische Bilder. Was will man mehr. Freitag geht es weiter.

Der Tag könnte im Reinickendorfer Monopol beginnen. Noch bis 17.09. präsentiet Galerie Thomas Schulte in der alten Destille die Ausstellung „High Spirits“ mit Arbeiten von Franka Hörnschemeyer und Julian Irlinger. Dies ist schon aufgrund des Ortes eine Reise wert. Zurück in Mitte geht es auf der Torstraße weiter. Nummer 170. Illustrator und „Visualist“ Benedikt von Harder hat hier bis Sonntag circa vierzig Farbstift-Zeichnungen linear gehängt. Pop, Autos, Brad Pitt, Kultur – selbst kuratiert und vermarktet. Konzeptionell ein bisschen altes Berlin, übrigens auch bezüglich der Verkaufspreise (günstig!). Ein bisschen neues Berlin gibt es abends (ab 18 Uhr) bei Heidi auf der Kurfürstenstraße: Mimosa Echards „I Think My Cells Are Fucking Behind My Back„. Die multidisziplinäre französische Künstlerin gewann 2022 den Marcel-Duchamp-Preis. Zu Recht, aber seht selbst. Auch einen Preis (vielleicht einen für unfassbar freundliche und sympathische Malerei?) hätte Grace Weaver verdient. Neue Arbeiten von ihr finden unter dem Titel „Laundry“ ab 18 Uhr bei Soy Capitán in Kreuzberg statt. Noch ein Martini im Würgeengel um die Ecke und nun ist es auch schon Samstag. Noch zwei Tage Kunst liegen vor uns. Klugerweise beginnt mal jemand um 13 Uhr. Lena Marie Emrich, um genau zu sein. Ihre Ausstellung „Soft Cruelties“ verhandelt den Massentourismus. Eine gezielte Ironie, sie ausgerechnet an diesem Wochenende zu eröffnen? Der Kunstverein am Rosa-Luxemburg-Platz im anthrazit-farbenen Roger Bundschuh-Bau ist in jedem Fall ein guter Ort hierfür. Und was ist eigentlich mit Fotografie? Die Photo Foundation Chaussee36 zeigt Milena Villalón. „Resonances“ ist der Titel der spanischen Fotografin, die Bilder zwischen Dokumentation und Poesie, Nordafrika und dem Nahen Osten. Und am nächsten Tag? How to fight the Sunday Scaries. Wer nach dieser Art Week, Berlin im Speziellen und Deutschland im Allgemeinen nur noch schwer erträgt, könnte vielleicht einfach nach Potsdam fahren. Bis 15. Oktober zeigt Frankfurter-Hauptschule-Enfant-Terrible Nicholas Warburg „Grandhotel Abgrund Vollpension“ im Kunstraum Potsdam. Kathartischer BRD-Noir-Grusel ist garantiert. Die vollkommene kulturelle Erschöpfung für die kommende Woche übrigens auch.

Text: Hilka Dirks / Credit: Charlie Stein, Kanya Kage; Soy Capitán, Grace Weaver; roam, Berlins Stripper Collective

A Whore Eyes View von Berlin Stripper Collectives, Lindenstr.91, 10969 Berlin–Kreuzberg; Stadtplan

Like Burning Snow bei Kanya & Kage, Eisenbahnstr.10, 10997 Berlin–Kreuzberg; Stadtplan

High Spirits Galerie Thomas Schulte, Charlottenstr.24, 10117 Berlin–Mitte; Stadtplan

Benedikt von Harder, Torstr.170, 10115 Berlin–Mitte; Stadtplan

I Think My Cells Are Fucking Behind My Back bei Heidi, Kurfürstenstr.145, 10785 Berlin–Schöneberg; Stadtplan

Laundry Soy Capitán, Prinzessinnenstr.29, 10969 Berlin–Kreuzberg;
Stadtplan

Soft Cruelties im Kunstverein am Rosa-Luxemburg-Platz; Linienstr.40, 10119 Berlin–Mitte; Stadtplan

Resonances im Chaussee36, Chausseestr.36, 10115 Berlin–Mitte; Stadtplan

grandhotel abgrund vollpension im Kunstraum Potsdam, Schiffbauergasse 6, 14467 Potsdam; Stadtplan

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