Irgendwo zwischen Hamburg und Berlin, inmitten der Elbauen, liegt die kleinste Hansestadt der Welt: Werben. Dort angekommen, hat man das Gefühl, dass hier alles ein wenig langsamer läuft – oder besser: in einem ganz eigenen Tempo. Schlendert man durch Werben, im Norden des Landkreises Stendal in Sachsen-Anhalt, blickt man auf historische Fachwerkhäuser in bunten Farben. Während unsere Blicke über die weiten, grünen Felder der Elbauen schweifen, zieht der Wind sanft durch die Bäume, und wir lauschen dem Schnattern der Gänse und Kraniche. Im Herzen der 900-Einwohner:innen-Stadt, direkt neben der imposanten Johanniskirche, befindet sich die Komturei. Über Jahrhunderte war sie ein Ort der Gemeinschaft, der Landwirtschaft und des Wandels: zuerst Klosterhof – die erste Niederlassung der Ordensgemeinschaft der Johanniter –, später preußisches Gut und schließlich LPG. Wer hier lebt, wohnt in einem Stück Stadtgeschichte. Wie schon anderen neuen Bewohner:innen Werbens vor ihnen, erging es den beiden Architekt:innen Aimée Michelfelder und Jurek Brüggen ähnlich: Auf einer Fahrt den Elberadweg entlang verliebten sie sich in das Städtchen und die Komturei. Gemeinsam mit weiteren Architekt:innen überzeugten sie die Stadt, die Komturei wiederzubeleben. Und so entstehen hier künftig betreute Alterswohnungen, Seminarräume, ein Yogaraum, Ateliers und Werkstätten. Zur Komturei gehört auch das Verwalterinnenhaus.
Im Jahr 1890 auf mittelalterlichen Restfundamenten erbaut, war es – wie der Name schon sagt – lange Zeit ein Ort der Verwaltung und ist heute ein Ziel für Erholung. Nach zwei Jahren Sanierungs- und Bauzeit ist das gemeinsame Projekt von AADA, AFEA, ammi, Patrick Holzer und undjurekbrüggen nun abgeschlossen. Das Architekt:innenteam hat das denkmalgeschützte Gebäude mit viel Umsicht und Liebe zum Detail in sechs minimalistisch eingerichtete, voll ausgestattete Ferienwohnungen verwandelt – ein Haus im Haus sozusagen. Dabei setzten sie auf natürliche, atmungsaktive und traditionelle Materialien wie Lehm- und Kalkputz sowie Holzfaser- und Hanfdämmung. Historische Balken und Fenster wurden aufgearbeitet, vorhandene Klinker der Fassade wiederverwendet. Ihre Haltung ist klar: bewahren, wo möglich – ergänzen, wo nötig. Sobald die Sonne hinter den Wolken hervorschaut, sitzen wir im Garten und lesen. Im Sommer geht’s an den Elbstrand zum Baden. Nach einem langen Spaziergang durch die Elbauen wärmen wir uns in der hauseigenen Sauna auf. Und am Nachmittag kehren wir im Café Lämpel ein und genießen Kaffee und Stachelbeerkuchen. Hier ist ein Ort der gemeinschaftlichen Erholung, des Durchatmens und Ankommens entstanden – ein Ort, der nachhaltig gebaut und gedacht ist. Man kann arbeiten oder einfach nichts tun. Und wir fühlen uns wie zu Hause.
Text: Milena Kalojanov / Fotos: Anne Schwalbe
Verwalterinnenhaus
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