Für mich persönlich ist der Herbst die beste Wanderjahreszeit. Das liegt einzig und allein an dieser Pilz-Obsession, in die Du sehr leicht gerätst, wenn Du Dich erst einmal ein kleines bisschen mit der Thematik befasst hast. Es gibt wenig, das befriedigender ist, als einen frischen, festen „Steini“ (so nennen Pilzfreund:innen den heißbegehrten Boletus/Steinpilz) auf dem moosbewachsenen Waldboden zu finden. Hier ein kleiner Crashkurs für alle Anfänger:innen und Pilzinteressierte: 1. Besorge Dir ein Pilzbuch, in dem alle Erkennungsmerkmale gut beschrieben sind. Es gibt zwar Apps, aber im Wald fehlt oft das Internet. 2. Körbe erlauben den Pilzen zu atmen und sie bleiben bis zu Deiner Heimreise frisch. Plastiktüten passen zwar gut in Deinen Rucksack, sind aber ein absolutes Tabu. 3. Nimm nur so viel mit, wie Du auch wirklich verzehren kannst, und beschränke Dich auf die Sorten, bei denen Du Dir wirklich sicher bist. Wir haben uns bei unserer Pilzwanderung für das südliche Umland Brandenburgs entschieden. Die Anbindung mit der Bahn ist recht gut, und ab Königs Wusterhausen lässt die Population deutlich nach – sprich, es gibt weniger Einheimische mit lokalem Zeitvorteil, die eventuell schon früh am Morgen auf die Suche gegangen sind. Als Tipp Nummer vier möchte ich gerne noch ergänzen, dass natürlich alles kann, aber nichts muss. Dies gilt auch beim Pilzefinden. Unsere Tour belohnt uns daher mit einem wunderbaren Panorama entlang des südlichen Seeufers, alten Eichen und einem Meer an Heuballen.
Wir starten in dem kleinen Örtchen Halbe. Mit dem RE7 benötigst Du weniger als eine Stunde hierher. Von dort aus geht es direkt in einen Kiefernwald, der sich durch seine sauren, moosbewachsenen Böden wunderbar als potenzieller Pilz-Hotspot eignet. In Teurow angekommen, ist die Hälfte der Tour geschafft. Nach wenigen Minuten erreichst Du den Oderiner See: Hier gibt es etliche kleine Buchten, die sich hervorragend für ein Picknick oder, für die Mutigen, ein kurzes Bad anbieten. Entlang des Oderiner Sees gibt es auf der linken Seite reichlich Trampelpfade, die in den Wald führen – ebenfalls die besten Voraussetzungen für Maronen und Steinpilze. Parasole gibt es am Ende des Sees auf den Feldern und an den Wegrändern zu entdecken. Diese machen sich besonders gut als köstliche vegetarische Schnitzel. Bei meinen Wanderungen halte ich mich normalerweise an 15–25 Kilometer. Diesmal ist die Tour etwas kürzer – das erlaubt Dir allerdings, Dich im Wald ein bisschen zu verlieren und ausreichend Zeit fürs Sammeln zu haben. Mit dem Herbst werden die Tage wieder deutlich kürzer und ja, Pilzfieber führt zum Verlust von Zeitgefühl – daher lieber eine Begleitung zum Händchenhalten einplanen! Pilzesammeln macht so oder so mehr Spaß mit Begleitung. Das wäre dann auch mein fünfter und damit letzter Tipp.
Text & Fotos: Laura Iriondo
Die gesamte Tour findest Du hier.
@fortuna.forest
Berlin in den 90ern – das waren nach dem Fall der Mauer (1989), Aufbruchstimmung und Verlustängste, einzigartige kreative Räume, aufblühende Technoszene und der Geruch der heizenden Kohleöfen. Ich erinnere mich ganz genau. Eine Stadt im Transitzustand. Eine Stadt voller Möglichkeiten – jene Möglichkeiten, die Berlins Gesicht bis heute prägen. Diese Potenziale im Stadtraum erkannten Klaus Biesenbach, Alexandra Binswanger, Clemens Homburger, Philipp von Doering und Alfonso Rutigliano und gründeten Anfang der 1990er in einer geschlossenen und baufälligen Margarinefabrik in Berlin-Mitte die KW Institute for Contemporary Art. Mittlerweile ist das KW mit seinem Café Bravo (konzipiert vom amerikanischen Künstler Dan Graham), der Ausstellungshalle von Hans Düttmann und meinem Lieblingsinnenhof (gestaltet von den Berliner Landschaftsarchitekten Le Balto) eine feste Institution für zeitgenössische Kunst in Berlin. Die Geschichte des Hauses ist untrennbar mit der Umgebung verwebt – mit dem Kiez und der Architektur. Und genau um diese historischen Zusammenhänge zu verstehen, begebe ich mich auf eine städtische Wanderung mit Raoul Zöllner (Direktor Boros Collection, Ass. Mediator KW), der selbst im Zentrum von Ost-Berlin aufgewachsen ist. Ein Flaneur, der die Transformation Berlins zur neuen Hauptstadt hautnah miterlebt hat. Unsere Tour durch die Nachbarschaft der KW bringt uns zu vernagelten Gebäuden, unauffälligen Tiefgaragen, fernen Kuppeln über Grabkammern, kommunistischen Klubhäusern und in den Innenhof einer Sammlerin. Der Blick auf ein entferntes Hochhaus, das die Relikte der Sowjet-Ära auf dem Alexanderplatz überschattet, markiert das Ende unserer Tour. Die Erinnerungen bleiben am Leben — ich werde mich dieser Tour noch öfter anschließen und kann hier allen, die in Berlin aufgewachsen sind und immer noch Neues entdecken wollen und über die Berliner Kunst-Welt lernen möchten, die Tour empfehlen.
Text: Milena Kalojanov / Fotos: Frank Sperling, KW
KW Innenhof, Auguststr.69, Berlin–Mitte; Stadtplan
Nächste Termine findest Du hier.
@kwinstitutefcontemporaryart
In Brandenburg ist die Welt auch nicht in Ordnung. Aber während die Blaualgen die Berliner Gewässer dominieren, ist die Lage am Lago hier in Brandenburg am Ende des Sommers noch gut. Bereit für ein letztes Sommerbad im Jahr 2024? Klar, die großen Gewässer und Lieblingseen kennst Du, aber falls Du mal woanders eintauchen willst: Mir hat der Kölpinsee gut gefallen. Die Badestelle hinter dem Imbiss namens Grillstulle bietet viele Schattenplätze – aber das beste ist eigentlich der Imbiss an sich. Emily und Moritz betreiben ihn und wie der Name verrät, geht’s hier um Grilled Sandwiches, wie man in Berlin so schön sagt, oder eben Grillstulle in Brandenburg. Gegessen wird auf ausrangierten Traktorreifen und für Kinder gibt’s die obligatorischen Waffeln. Vor oder nach dem See sei Dir überlassen, aber wenn Du den Abend ausklingen lassen willst: Diesen Freitag macht das Mobile Kino hier Stopp und zeigt „Poor Things„. Zurück zum Baden: Ich empfehle die andere Badestelle im Wald, ein bisschen hinter der Ortsgrenze; hier ist der Blick auf den See mit dem langen Holzsteg besonders schön. Und die kleine aufgeschüttete Sandlage macht auch Familien glücklich — einen Hundestrand gibt’s ein bisschen weiter im Wald ebenfalls. Falls Du an einem Freitag unterwegs bist, lohnt ein Abstecher zum Stegelitzer Wochenmarkt, der in dem kleinen Zeitfenster von 16 bis 18 Uhr stattfindet und so cute ist, als wäre er einer Filmkulisse entsprungen.
Direkt bei der Kirche gibt’s Du hier nur gute Sachen: fantastischen Frischkäse von Irmi vom Ma Petite Chevre Ziegenhof, bestes Gemüse u.a. direkt von Umbio. Vielleicht noch einen lokalen Blumenstrauß dazu (oder Samen zum Selbstausäen) von Vern (einem Verein zur Erhaltung und Rekultivierung von Nutzpflanzen)? In jedem Fall ein Eis am Stiel von Olaf (Macher der Paradieschen Bar); die Sorten Gurke und Joghurt-Quitte sind meine Lieblinge. Danach kannst Du noch in Stegelitz verweilen für ein Feierabend-Bier (falls Du nicht am Steuer sitzt) bei: Die Braut. Die kleine Dorfbrauerei ist in den Händen von Johannes Petraschek und Sarah Raimann. Vor Ort wird natürlich frisch vom Fass gezapft und die Sorten vom „Mandy Ale“ (ein altdeutsches Helles kaltgehopft) bis zum dunklen „Oatmeal Stout“. Oder nimm einfach das „Probierbrettchen“ und finde Deine Lieblingssorte – die kannst Du dann noch als Flasche (jede von Hand abgefüllt und etikettiert) mit nach Berlin nehmen und mit Deinen gesammelten Uckermärker Genussmitteln von Balkonien aus den nächsten Ausflug planen. Oder Du bleibst einfach noch zum Abendessen und genießt ein lokales Menü in der Herbergebei Marie und Bert in Groß-Fredenwalde. Hier stehen saisonal-regional-kreative Gerichte auf der Karte (unbedingt reservieren). So oder so eine kleine Landpartie verlängert Dein Sommergefühl.
Text: Nina Trippel / Fotos: Robyn Steffen
Grillstulle, Götschendorf 35A, 17268 Milmersdorf; Stadtplan
Kölpinsee, Badesteg, 17268 Milmersdorf; Stadtplan
Wochenmarkt Stegelitz, Dorfstraße 39B, 17268 Flieth-Stegelitz; Stadtplan
Dorfbrauerei Die Braut, Dorfstr.12, 17268 Stegelitz; Stadtplan
Herberge, Ort Groß Fredenwalde 13, 17268 Gerswalde; Stadtplan
@bar_paradieschen
@dorfbrauerei_die_braut
@grillstulle
Dieses Jahr haben wir uns fürs Fahrrad fahren entschieden und sind am 1. Mai in aller Frühe durch die Straßen Berlins und Brandenburgs gezogen. Neun Tage und 700 Kilometer lagen vor uns. Was als bloße Idee in einer schummrigen Bar an einem kühlen Oktoberabend begann, hatte sich schließlich verwirklicht – und als wir durch kleine idyllische Städte und durch die Wälder Brandenburgs fuhren und bei Fischbrötchen und einem kalten Bad im See Halt machten, fiel es uns schwer, den verpassten Partys in Berlin nachzutrauern. Unsere Route führte uns nach Mecklenburg, vorbei an blühenden Wiesen und durch die dichten Wälder des Müritz-Nationalparks. Am frühen Morgen entdeckten wir Rehe, bevor wir an der beeindruckenden Weite der Müritz, dem größten Binnensee Deutschlands, vorbeifuhren. In der Seestadt Waren wurde auf das Ende der deutschen Etappe unserer Reise angestoßen. Von Rostock aus brachte uns eine zweistündige Fähre nach Gedser, der Südspitze Dänemarks, wo uns eine mit dänischen Flaggen gesäumte Straße begrüßte (was das Gefühl, ein ganzes Land mit dem Fahrrad durchquert zu haben, noch verstärkte). In Dänemark radelten wir durch die ländliche Gegend, vorbei an Feldern mit den treffend benannten Wiesenpflaumen und waren kaum in Kontakt mit der Zivilisation.
Wenn ich durch grüne Weiden fuhr, Kühe an den Ecken von Bauernhöfen grüßte und mein Mittagessen an Sandstränden an der Ostsee genoss, fühlte ich mich schnell von meinem Alltag losgelöst. Ein Gefühl der Ruhe und Zufriedenheit überkam mich, da ich wusste, dass meine einzige Verantwortung darin bestand, jeden Morgen auf das Fahrrad zu steigen. I had become a bike person. In den letzten Tagen der Reise umrundeten wir die Insel Møn und fuhren über die Kreidefelsen der UNESCO-Stätte Møns Klint, bevor es nach Kopenhagen ging. Die Reise war nicht ohne Herausforderungen, aber so hat sich das Erfolgserlebnis nur noch verstärkt. Am Ende eines jeden Tages schmeckte das Bier ein wenig besser, das Eis ein wenig süßer, und nachdem ich die Schwelle nach Kopenhagen überquert hatte, fühlte ich mich ein wenig verloren, weil die Tour plötzlich zu Ende war. So sehr, dass ich mich am nächsten Morgen um 8 Uhr wieder auf mein Fahrrad schwang und durch die Straßen Kopenhagens radelte, auf der Suche nach Kaffee und Kardamombuns.
Text & Fotos: Toby Sheppard
Toby ist Fotograf und lebt in Berlin. Auch auf seinen Reisen hat er häufig seine Kamera dabei – sei es auf Lanzarote, in seiner Heimat Nordengland oder auf einer Fahrradtour nach Kopenhagen. In seinen Arbeiten erforscht er die Schönheit unbesetzter Räume sowie die Ateliers und Orte von Künstler:innen, die ihn inspirieren.
@tobyshepp
Reduzieren, wiederverwenden, recyceln… paddeln? Bei allen Möglichkeiten, etwas für die Umwelt zu tun, ist Paddeln im Kajak nicht unbedingt die erste, die in den Sinn kommt. Wer sich mit der Organisation GreenKayak beschäftigt, wird aber schnell feststellen, dass Wassersport und Umweltfreundlichkeit ein perfektes Match sind! Bei GreenKayak kannst Du Dir kostenlos ein Zweisitzer-Kanu mieten, im Gegenzug sammelst Du beim Rudern Müll aus Gewässern. Die Win-Win-Idee entstand 2017 in Dänemark, um die Kanäle in Kopenhagen zu säubern, und hat seitdem rund 100 Tonnen Müll aus Flüssen, Seen und Häfen gefischt. Inzwischen hat sich die Initiative nach Berlin ausgeweitet und arbeitet hier mit drei lokalen Bootsverleihen zusammen: Fisch-Borke (Müggelsee), Mellowpark (Spree) und Backstagetourism (Spree). Eine zweistündige Kajaktour für bis zu vier Personen kannst Du direkt über die Website buchen. Alles, was Du brauchst, ist im Preis inbegriffen! Also: Komm vorbei, steige ein, krempel die Ärmel hoch und helfe, etwas Gutes für unseren Planeten zu tun.
Text: Benji Haughton / Fotos: Emma Bahnee, GreenKayak, Jere Viinikainen
GreenKayak
@greenkayak.ngo