Dieses Jahr haben wir uns fürs Fahrrad fahren entschieden und sind am 1. Mai in aller Frühe durch die Straßen Berlins und Brandenburgs gezogen. Neun Tage und 700 Kilometer lagen vor uns. Was als bloße Idee in einer schummrigen Bar an einem kühlen Oktoberabend begann, hatte sich schließlich verwirklicht – und als wir durch kleine idyllische Städte und durch die Wälder Brandenburgs fuhren und bei Fischbrötchen und einem kalten Bad im See Halt machten, fiel es uns schwer, den verpassten Partys in Berlin nachzutrauern. Unsere Route führte uns nach Mecklenburg, vorbei an blühenden Wiesen und durch die dichten Wälder des Müritz-Nationalparks. Am frühen Morgen entdeckten wir Rehe, bevor wir an der beeindruckenden Weite der Müritz, dem größten Binnensee Deutschlands, vorbeifuhren. In der Seestadt Waren wurde auf das Ende der deutschen Etappe unserer Reise angestoßen. Von Rostock aus brachte uns eine zweistündige Fähre nach Gedser, der Südspitze Dänemarks, wo uns eine mit dänischen Flaggen gesäumte Straße begrüßte (was das Gefühl, ein ganzes Land mit dem Fahrrad durchquert zu haben, noch verstärkte). In Dänemark radelten wir durch die ländliche Gegend, vorbei an Feldern mit den treffend benannten Wiesenpflaumen und waren kaum in Kontakt mit der Zivilisation.
Wenn ich durch grüne Weiden fuhr, Kühe an den Ecken von Bauernhöfen grüßte und mein Mittagessen an Sandstränden an der Ostsee genoss, fühlte ich mich schnell von meinem Alltag losgelöst. Ein Gefühl der Ruhe und Zufriedenheit überkam mich, da ich wusste, dass meine einzige Verantwortung darin bestand, jeden Morgen auf das Fahrrad zu steigen. I had become a bike person. In den letzten Tagen der Reise umrundeten wir die Insel Møn und fuhren über die Kreidefelsen der UNESCO-Stätte Møns Klint, bevor es nach Kopenhagen ging. Die Reise war nicht ohne Herausforderungen, aber so hat sich das Erfolgserlebnis nur noch verstärkt. Am Ende eines jeden Tages schmeckte das Bier ein wenig besser, das Eis ein wenig süßer, und nachdem ich die Schwelle nach Kopenhagen überquert hatte, fühlte ich mich ein wenig verloren, weil die Tour plötzlich zu Ende war. So sehr, dass ich mich am nächsten Morgen um 8 Uhr wieder auf mein Fahrrad schwang und durch die Straßen Kopenhagens radelte, auf der Suche nach Kaffee und Kardamombuns.
Text & Fotos: Toby Sheppard
Toby ist Fotograf und lebt in Berlin. Auch auf seinen Reisen hat er häufig seine Kamera dabei – sei es auf Lanzarote, in seiner Heimat Nordengland oder auf einer Fahrradtour nach Kopenhagen. In seinen Arbeiten erforscht er die Schönheit unbesetzter Räume sowie die Ateliers und Orte von Künstler:innen, die ihn inspirieren.
@tobyshepp
In der Nähe von Potsdam versteckt sich einer meiner heiligsten Orte um Berlin: Der Japanische Bonsaigarten. Von den feinen Details über den Baumschmuck bis hin zu ausgewählten japanischen Traditionen, hat der Familienbetrieb hier einen Ort geschaffen, an dem Du besonders gut eine Auszeit nehmen kannst. Bei Deinem Besuch vergisst Du nämlich schnell, dass Du eigentlich noch in Brandenburg bist – stattdessen fühlst Du Dich wie am Rande von Kyoto, mit blühenden Kirschblüten im späten April, Azaleen im Mai und einer wahnsinnigen Palette an Herbstfarben im Oktober. Was ich am meisten liebe ist, dass Du dort leicht ein paar Stunden verbringen kannst, da der Garten auch ein Teehaus mit einer Vielzahl von Teesorten beherbergt. Zu den Tees gibt es verschiedene japanische Süßigkeiten und Leckereien, die Du im Garten naschen kannst. Außerdem gibt es einen kleinen Shop, in dem Du Tee und Matcha auch selber kaufen kannst – mein absoluter Favorit: der Kinrin Ceremonial Matcha von Marukyu Koyamaen. Oh, und: Es wird Dir ziemlich schwer fallen, den japanischen Bonsaigarten am Ende des Tages zu verlassen, ohne dabei einen der schönen Bonsais, die hier verkauft werden, mitzunehmen.
Text & Fotos: Tanya Khvorostiana
Tanya, gebürtig aus Kyjiw, kam vor neun Jahren über Barcelona nach Berlin. Derzeit arbeitet sie als visuelle Redakteurin und Grafikdesignerin und verbringt die meiste Zeit damit, besondere Orte und Plätze in Berlin zu recherchieren und zu entdecken.
Japanischer Bonsaigarten, Fercher Str.61, 14548 Schwielowsee–Ferch; Stadtplan
@tanyataco
Liebevoll kuratierte Keramik aus Portugal – darum geht’s im Studio Oliveira direkt am Viktoriapark. Schon als Kind schlenderte Isabel, die Inhaberin des Ladens, stundenlang über Keramikmärkte in Portugal und bestaunte die wundervoll handgefertigten Stücke. Letztes Jahr hat die Kunsthistorikerin und Halbportugiesin ihren Traum verwirklicht und verkauft seitdem in ihrem kleinen Shop traditionelle Teller, Tassen und Vasen aus Ton. Auf der Suche nach ganz besonderen Stücken, besucht sie nicht nur die neuesten Keramikstudios in Lissabon, sondern auch versteckte Ateliers in kleinen Dörfern. Viele kennen Portugal als Land des Meeres und der Küste, aber das Kunsthandwerk verbirgt sich meistens im Hinterland. Je nach Region findet man verschiedene Designs und Techniken – das meiste wird dabei nach wie vor per Hand hergestellt und bemalt. Deswegen gibt’s im Studio Oliveira auch ganz unterschiedliche Kollektionen: Die traditionellen Kohlblätter, Keramik in Form von Obst und Blumen, geflochtene Körbe, folkloristische Teller, aber auch schlichtes Steinhandwerk in Pastellfarben. Die Hersteller:innen kennt Isabel alle persönlich – mehr Infos zu den einzelnen Kollektionen und Künstler:innen findest Du auf der Webseite. Oder Du schaust einfach mal im Laden vorbei, dann erfährst Du von Isabel persönlich zu jedem Stück seine individuelle Geschichte.
Text: Annika Hillig / Fotos: Stadtgören & Sophie Doering
Annika war selbst eine Zeit lang Teil des Cee Cee Teams und schrieb unter anderem regelmäßig für unseren Newsletter. Jetzt verwirklicht sie sich kreativ und arbeitet als angehende Goldschmiedin im Süden Deutschlands.
Studio Oliveira, Katzbachstr.25, 10965 Berlin–Kreuzberg; Stadtplan
@studio_oliveira.de
Wer in Friedrichshain wohnt, weiß, dass es meistens einen guten Grund braucht, um Freund:innen von einem Kiezbesuch zu überzeugen. Designerin Malaika Raiss liefert uns gleich mehrere: Mit ihrem Mani Creative Space ist jetzt ein Space für Begegnungen und Inspiration in einen der denkmalgeschützten Bauten auf der Karl-Marx-Allee gezogen. Durch die große Südfensterfront mit ikonischem roten Rahmen ließ sich schon die Berliner Bohème die Sonne ins Gesicht scheinen. Künstler:innen wie Kandinsky gingen ein und aus. Kein Wunder also, dass sich hier auch heute Mode und Design zu Hause fühlen: Im lichtdurchfluteten Showroom der Brand Malaikaraiss kannst Du die neue Sommerkollektion anprobieren, Du findest ausgesuchte Vintage Möbel von Another June und kannst nebenan im Atelier der Künstlerin Anna Zimmermann vorbeischauen. Drucke ihrer Kunst sind bereits auf vielen Designs von Malaikaraiss verewigt, auch gemeinsamer Schmuck aus Keramik ist erhältlich. Wer Teil der neuen Friedrichshain Bohème werden möchte, kann den Mani Creative Space samt Vorplatz und Terrasse für Events, Pop-ups oder Dinner mieten. Dieses kreative Miteinander hätte vermutlich schon Kandinsky gefallen.
Text & Fotos: Kristina Hellhake
Kristina Hellhake liebt gute Ideen und die Geschichten dahinter, besonders in der Modewelt. Aktuell schreibt sie auf Things I didn’t buy this week über alle schönen Dinge, denen sie dabei widersteht.
Mani Creative Space, Proskauer Str. 38, 10247 Berlin–Friedrichshain; Stadtplan
@compose__pr
@malaikaraiss
Mit Sonnenuntergang im Gesicht spazieren wir den Mehringdamm entlang, die breite Verbindungsachse zwischen Innenstadt und dem Flughafen Tempelhof – da leuchten uns schon die großen Scheiben der Glaserei entgegen. Wenn Du ein neues Restaurant betrittst und es sich gleich so anfühlt, als wäre es schon immer da gewesen, dann weißt Du: Es wird ein schöner Abend. Hier, im Laden einer ehemaligen Glaserei, haben Markus Schädel, bekannt aus dem Schädels in der Oderbergerstraße, und Albrecht Sprenger, ihr neues Restaurant mit Bar- und Grillkonzept aufgemacht. Mitten im Raum ein großer Zinktresen, Barhocker und ein paar schlichte Tische, an denen Du Platz nehmen kannst. Serviert werden wechselnde Gerichte vom Grill wie Merguez mit provençalischem Ketchup, Doradenfilet mit Zitronenbutter, Grillgemüse mit Pecorino, gegrilltem Pulpo, grünem Spargel, oder Rillette aus geräucherter Forelle, Fischsuppe mit Safran oder Cannellini-Bohnen mit gebackenem Knoblauch. Wir bestellen an dem Abend viele kleine Teller zum Teilen, der Tresen so voll, dass nur noch Platz für Drinks übrig blieb. Einfache Gerichte, dazu ein Glas Crémant, Chardonnay und Kartoffelchips – alles so lässig serviert, als wäre man nicht am Mehringdamm, sondern in einer Bar in Marseille gelandet. Neben uns ein paar Locals, ein Tisch mit Teenager:innen: Alle Generationen finden in der Bar zusammen. „Einfach reinkommen auf ein, zwei kleine Teller – wir kochen, was wir selbst gern essen“, sagt Markus Schädel und lacht. Die Selbstverständlichkeit, mit der sein Restaurant daherkommt, macht Spaß. Unaufgeregt, gut, auf den Punkt. Wir sind bald zurück am Mehringdamm.
Friederike Schilbach ist Editorial Director bei Aufbau & Blumenbar. Sie arbeitet dort mit Autor:innen wie Cemile Sahin, Rita Bullwinkel und Hengameh Yaghoobifarah. Sie mag Pfingstrosen und ihr Lieblingsgericht in der Glaserei ist das Doradenfilet mit Zitronenbutter. Sie lebt mit ihrer Familie in Mitte.
Text: Friederike Schilbach, Milena Kalojanov / Fotos: Robyn Steffen
Glaserei, Mehringdamm 49, 10961 Berlin–Kreuzberg; Stadtplan
@glaserei_bar_grill