Das Theaterkollektiv Raum+Zeit hat Thomas Manns Novelle „Der Tod in Venedig“ über den Cholera-geplagten Künstler Gustav von Aschenbach an die Corona-geplagte Spree verlegt: Auf der Internetseite des Theaterdiscounters kannst Du die Audiodatei herunterladen und mit den Gedanken der Romanfigur im Ohr durch einen Teil von Berlin spazieren, den man sonst eher nicht im Blick hat. Startpunkt des Audio-Walks ist das Nikolaiviertel – das versteckte Stück gepflasterter Straßen hinter dem Alexanderplatz. Wie gut Aschenbachs Zeitreise funktioniert, zeigt sich schon in den ersten Minuten, wenn die Stimme des alternden Dandys herrlich schlecht gelaunt über die Abscheulichkeit der pseudo-historischen, touristischen Umgebung spottet. Die Textcollage aus Originalzitaten und neuen Versatzstücken führt an der Spree entlang, vorbei an der Mühlendammschleuse immer weiter bis zur Klosterkirche. Im Berlin der Gegenwart ist Aschenbachs Objekt der Begierde – der Junge Tadzio – nur noch in der Erinnerung präsent. Die Sätze, mit denen der deliriöse Dichter mit der Stadt und ihren Bewohnern abrechnet, sind hingegen aktuell wie nie. Allein deswegen lohnt es sich, ihm für 30 Minuten zu folgen. (Text: Laura Storfner / Fotos: Savannah van der Niet)
„Tod in Venedig“ als Audio–Spaziergang nach Thomas Mann (auf Deutsch), bearbeitet von Raum+Zeit.
Startpunkt: St. Georg-Denkmal, Propststr.9, Ecke Spreeufer, 10178 Berlin-Mitte, Stadtplan
Anleitung und Route findest Du hier.
Der Audio-Spaziergang ist kostenlos, Spenden sind willkommen.
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