Lange waren die Ausstellungsräume der Kunst-Werke in Berlins Auguststraße nicht mehr komplett mit einer einzigen Ausstellung bespielt. Seit Mitte Februar ist das anders. „Poetics of Encryption“ heißt die aktuelle Schau, kuratiert von Nadim Samman, welche die Betrachter:innen mitnimmt in die Landschaften des Digitalen mitsamt seiner verborgenen Mechanismen. Inspiriert vom gleichnamigen Buch erkundet sie eine Landschaft geprägt von Black Sites, Black Boxes und Black Holes – geheimen Orten und undurchsichtigen Systemen. In drei Kapiteln werden Werke von über vierzig internationalen Künstler:innen präsentiert, die sich mit der Ästhetik und Politik der Verschlüsselung auseinandersetzen. Im Kapitel „Black Site“ werden Kunstwerke gezeigt, die das Gefühl des Eingeschlossenseins in einer digitalen Welt thematisieren. Die Arbeiten führen Strategien des Suchens und Wiederherstellens vor und verhandeln das Entschlüsseln und Entsperren von Technologie, während „Black Box“ die intellektuelle Unzugänglichkeit omnipräsenter Tech-Produkte und Kontrollsysteme untersucht. Die in diesem Kapitel enthaltenen Kunstwerke verdeutlichen das Spannungsverhältnis zwischen dem sichtbaren Interface und dem unsichtbaren Backend. „Black Hole“ beschäftigt sich schließlich mit den Auswirkungen kompakter digitaler Archive und algorithmischer Prozesse auf die kulturelle Raumzeit. Hier werden die Folgen der „totalen Datafizierung“ erforscht, während Künstler:innen den Ereignishorizont der digitalen Ära ausloten. Die Ausstellung bietet einen faszinierenden und überraschend analogen Einblick in die Welt der digitalen Verschlüsselung und lädt dazu ein, sich mit den Herausforderungen und Möglichkeiten einer zunehmend digitalisierten Gesellschaft auseinanderzusetzen.
Text: Hilka Dirks / Credits: Andrea Khôra, Rapture, 2024, Foto: Frank Sperling; Carsten Nicolai, anti, 2004, Foto: Uwe Walter; Êmilie Brout & Maxime Marion, Idle, 2023.
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