
Vergangenen Sonntag sollte es wieder passieren: Voller Vorfreude und nach langer winterlicher Entbehrung war eine Wanderung im historischen Buchenwald geplant. Um die noch begrenzten Sonnenstunden im Spätwinter einzufangen, habe ich meine Wanderpartnerin überzeugt, dass es durchaus sinnvoll wäre, bereits um 8.30 Uhr den Zug ab Gesundbrunnen zu nehmen. Dumm nur, wenn dann eine den Wecker verschläft und erst eine Stunde nach geplanter Abfahrt die Augen öffnet – in diesem Fall ich. Voller Gewissensbisse musste schnell ein neuer Plan her: Adieu Unesco-Erbe Buchenwald, hallo Tegeler See. „Warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute liegt so nah?“ Die selbstgemachten Energieriegel fix in die Tasche gepackt, und es ging mit der S-Bahn in weniger als einer Stunde gen Tegeler Bahnhof. Meine Wanderpartnerin und ich haben in unserer gemeinsamen Zeit in der Natur ganz klare Vorstellungen davon gesammelt, was eine gute Tour auszeichnet: Abgeschiedenheit, wenig bis keine Zivilisation, vielfältige Landschaften. Diese Tour bietet all das natürlich nicht! Die Rundwanderung von 15 Kilometern führt fast die gesamte Zeit entlang an Siedlungen, Sommerhäusern, Anlegestellen, Boots- und Rudervereinen, Restaurants und kleinen Biergärten. Aber es wäre ja nicht das erste Mal, dass unsere Überzeugungen und Präferenzen über Bord geworfen werden. Und genau dieser sonntägliche Trubel mit heiteren Familien und Spaziergänger:innen, ein Hauch altes Berlin, bodenständig und alles andere als hip, hat es uns an diesem Sonntag so angetan. Während sich im Wasser die ersten mutigen Sportler:innen in ihre Ruder- und Segelboote trauten, hieß es am Ufer: Sonne tanken – in kuscheligen Winterjacken und großen Sonnenbrillen. Und hier komme ich dann auch schon auf den nächsten großen Vorteil dieser Tour zu sprechen: So ein Rundgang am See verspricht viel Sonnenschein.
Der kurze Waldabschnitt, der Dich nach dem ersten Drittel der Tour erwartet, hat ebenfalls einiges zu bieten. Zum Beispiel die Burgsdorff Lärche, seit 2021 Berlins höchster Baum mit 43 Metern, aber auch die „Dicke Marie„, Berlins ältester Baum aus dem Jahr 1107. Bitte einmal kurz innehalten: Wir sprechen hier vom Hochmittelalter und den letzten Jahren der Romanik! Aus dem Wald geht die Tour zurück ans Ufer, entlang der Havel, die vom Tegeler See Richtung Norden abzweigt. Dort wechseln sich Bungalows, futuristische Betonbauten, Jahrhundertwende-Schlösschen und andere spannende Gebäude Reihe an Reihe ab, ebenso ihre Vorgärten, die sich wunderbar bestaunen und vor allem umfassend kommentieren lassen. Es sollten auf dieser Tour etwa vier bis fünf Stunden zu Fuß eingeplant werden. Bei wolkenlosem Himmel garantiere ich, wie erwähnt, die meiste Zeit Sonne und freie Sicht. Ein perfekter Kurzausflug, der mir trotz der Nähe zum Stadtzentrum gar nicht so bekannt war – wann geht man schon nach Tegel? Ich persönlich mit Sicherheit wieder im Sommer, denn die kleinen Buchten und Sandstrände sahen selbst im Winter verheißungsvoll aus.
Text & Fotos: Laura Iriondo
Wanderroute
@fortuna.forest