WANNA SEE WANNSEE? — EINE AUSSTELLUNG IM STRANDBAD ZUR ZUKUNFT DES ORTES

WANNA SEE WANNSEE? — EINE AUSSTELLUNG IM STRANDBAD ZUR ZUKUNFT DES ORTES

Gerade meint es der Wettergott gut mit uns, feels like „Never Ending Summer“. Kaum zurück von Reisen an Adria und Ostsee, verbringe ich die sonnigen Septembertage an den Berliner Seen und Strandbädern. Und dabei ist keines so bekannt – man könnte sogar ikonisch sagen – wie das Strandbad Wannsee. Die Lage an der Wannsee Bucht im Grunewald, der Sandstrand vor architektonischer Kulisse – mein Berliner Lido. Vielen unbekannt: Heute steht mehr als die Hälfte des denkmalgeschützten Ensembles leer. Während sich jeden Sommer bis zu 10.000 Badegäste täglich am 1,3 Kilometer langen und 80 Meter breiten Sandstrand erfreuen, verfällt wenige Meter dahinter ein einzigartiges Baudenkmal. Als vor genau hundert Jahren die Stadt das Strandbad übernahm, hatte der Strandbaddirektor Hermann Clajus eine Vision: einen Erholungsort zu schaffen, an dem alle sozialen Schichten willkommen sind. Er öffnete das Bad für alle. Stadtbaurat Martin Wagner und Magistratsoberbaurat Richard Ermisch schufen 1929 bis 1931 ein ikonisches Gebäude im Stil der Neuen Sachlichkeit. Ein weitläufiges „Weltstadtbad“ für die moderne Körperkultur der Weimarer Republik mit Licht, Luft und Sonne für alle. Clajus, dem nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten Entlassung und Verfolgung drohten, nahm sich im März 1933 das Leben.

Heute reihen sich entlang des 500 Meter langen Wandelgangs des Strandbads Läden, Kioske, Imbisse und ein Café, eine Rettungsstation, Garderoben sowie Duschräume. Am Ende der Promenade befindet sich das verwitterte Strandrestaurant Lido. Sein geschwungener Gastraum mit Bar und Terrasse, eingebettet in ein riesiges Rondell mit rundem Wandelgang, war einst der Dreh- und Angelpunkt des Strandbads. Seine Kapazität von 2.500 Plätzen wurde ganzjährig intensiv genutzt – als Biergarten, Ausflugslokal und Spritzeisbahn. Studierende von der Hochschule Darmstadt schlagen nun vor, das Denkmal im Sinne des Weiterbauens zu retten. In Anlehnung an die früheren Werkstätten für die Instandhaltung des Strandbads könnte am Wannsee eine „Bauhütte“ entstehen, die Jugendlichen eine Ausbildung in verschiedenen Gewerken des Bauhandwerks, in der Gastronomie, in der Gärtnerei als Bademeister:in, Rettungsschwimmer:in, Fitnesscoach und Parkranger:in ermöglicht. Vom 31.08 bis 15.09.2024 zeigt die Ausstellung Wanna See Wannsee? wie sich Architektur und Geschichte mit einer tragfähigen Weiternutzung verbinden lassen – um das Denkmal zu retten und dabei die soziale Idee des Strandbades und seines Gründers Hermann Clajus aufzugreifen.

Text: Milena Kalojanov / Fotos: Clemens Poloczek

Strandbad Wannsee, Wannseebadweg 25, 14129 Berlin–Nikolassee; Stadtplan
Wanna See Wannsee? 31.08.–15.09.2024

cee_cee_logo