
Was bedeutet Herkunft, wenn einen das Leben entwurzelt und neu starten lässt? Wie bleibt man verbunden, wenn man erst am Lebensende zu seinen Ursprüngen zurückfindet? Ihre Lebenslinien führen von Hanoi über Paris nach Düsseldorf – und nun als Ausstellung nach Berlin: Großmutter Lina reist auf der Suche nach der Vergangenheit mit ihrer Familie nach Vietnam, zurück an ihren Geburtsort. In Uông Bí stand Linas Elternhaus, hier wird sie als Tochter eines Deutschen und einer Vietnamesin geboren. Sie erlebt die japanische Okkupation und den Befreiungskampf der Việt Minh, bevor sie sich 1950 nach Paris aufmacht und eine Schneiderlehre beginnt. Später heiratet sie und zieht nach Deutschland. In Berlin blicken heute Linas Tochter, ihr Schwiegersohn und die Enkelin – die alle drei mit und in der Kunst arbeiten – in einem Projekt auf ihre bewegte Biografie. Miterleben kann es Lina nicht mehr, sie starb 2024 im Alter von 92 Jahren. Doch ihre Erinnerung lebt in „Fluchtpunkt Hanoi“ weiter: Der Projektraum Roam zeigt ab heute Abend die bewegende Installation mit Simultanvideoprojektionen als persönliche Hommage an eine Frau, die ihren Weg fand. Entstanden ist eine visuelle Suchbewegung mit Bildgewalt, die Fragen nach Herkunft und Zuhause, Geschichte und Gegenwart so dicht und unentwirrbar stellt, wie Linas Lebensbahnen verlaufen sind.
Text: Laura Storfner / Credit: Thomas Gaschler, Marina Ludemann, Nina DeLudemann, Ottjörg A.C.
roam projects e. V., Lindenstr.91, 10969 Berlin–Kreuzberg; Stadtplan
Fluchtpunkt Hanoi 1906–2025: Ein Kunstprojekt von Thomas Gaschler, Marina Ludemann, Nina DeLudemann, Ottjörg A.C. Eröffnung 03.04. 19–22h, bis 01.05.2025
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