Vor mehr als zehn Jahren verwandelte der Galerist Juerg Judin eine leerstehende Shell-Tankstelle aus den 1950er Jahren in einen Ort zum Leben und Arbeiten. So schuf er, gegenüber der Hochbahntrasse nur Schritte vom Nollendorfplatz entfernt, eine versteckte Oase mitten in Berlin: Hinter einer unscheinbaren weißen Mauer öffnet sich eine verwunschene Welt, in der Bambus und Kiefern im Garten sprießen, Enten im Teich schwimmen und das geschwungene, ehemalige Zapfsäulendach als Sonnenschutz dient. Nun macht Juerg Judin Berlin ein wunderbares Geschenk: Denn das Architekturjuwel samt neuem Anbau ist künftig für Besucher:innen geöffnet – als Museum, das dem Künstler George Grosz gewidmet ist. Eröffnet wird das Haus offiziell am Samstag mit einer Ausstellung, die das Frühwerk des Berliner Karikaturisten, Malers und Grafikers in den Mittelpunkt stellt. Zu entdecken gibt es Zeichnungen aus der Jugendzeit und Stadtansichten, die einen Vorgeschmack auf die Goldenen Zwanziger geben.
Für die Kuration der Schauen arbeitet das Team rund um den Kunsthistoriker Pay Matthis Karstens und Ralph Jentsch, Verwalter des Nachlasses von George Grosz, mit renommierten Sammlungen und Institutionen weltweit zusammen. Ziel des kleinen Grosz Museums ist es, Werkaspekte, die bislang in Retrospektiven nicht behandelt wurden, herauszuarbeiten und kompakt zu präsentieren. Forschung und Austausch sollen im Zentrum des Projekts stehen, das vorerst auf fünf Jahre angelegt ist. Dass hier auch eine kleine Großstadtidylle zum Verweilen entsteht, davon kann man sich nach dem Ausstellungsbesuch im Café im ehemaligen Schalterraum selbst ein Bild machen.
Text: Laura Storfner / Fotos: Hanna Seibel & Annette Kisling / Credit: Estate of George Grosz, Princeton, VG Bild-Kunst
Das kleine Grosz Museum, Bülowstr.18, 10783 Berlin–Schöneberg; Stadtplan
Offizielle Eröffnung am 14.05.2022, danach Mo & Do 11–18h, Fr 11–20h, Sa & So 11–18h. Tickets10 Euro / ermäßigt 6 Euro.
Ausstellung „Schreiben Sie doch bitte Grosz statt Gross“, bis 30.09.2022
