An einem verregneten Tag sah ich in einem Berliner Museum zum ersten Mal eine Video-Arbeit von Gernot Wieland. Als ich in den abgedunkelten Saal stolperte, saßen nur wenige Menschen im Raum. Es roch nach warmen, feuchten Jacken und Teppich. Dann versank ich in die Bilder und vergaß alles um mich herum. Ich wurde aufgesogen in rauschige Super 8-Aufnahmen, in eine unheimlich sympathische Stimme aus dem Off und vor allem: in die Gedanken eines fremden Kopfes voll fantasievoller Tiefe und humorvoller Analyse gepaart mit einer ungewöhnlich poetischen Direktheit voller (Selbst-)Ironie und bestechender Klugheit, Beobachtungsgabe und Nostalgie. Selten erschien mir Autofiktion gelungener. Umso erfreuter stellte ich also fest, dass man am kommenden Donnerstag (17.08.23) zwei weitere Filme Wielands sehen kann. Gemeinsam mit dem Kultursommerfestival, Mobile Kino und Jung und Artig, dem jungen Förderverein des Museums, lädt die Berlinische Galerie an einem lauen Augustabend kostenfrei zum Open Air Kino ein.
Den Anfang machen Drinks und Musik, gefolgt von einem Artist Talk mit Wieland und Thomas Köhler, dem Direktor des Hauses. Anschließend werden die beiden Arbeiten “Thievery and Songs” (22:40min) und “Ink in Milk” (12:30min) gezeigt: ineinander verschachtelte Erzählstränge, geknetete Figuren, figurative Zeichnungen, aufgezeichnete Performances, performative Splitter und zersplitterte Fotos. Es geht um Österreich (Wielands Herkunftsland) und Mumbai. Um Nachkriegskunst und Katholizismus, um Erinnerung, Reflexion und Absurdität. Und um ein selten bewegendes, geteiltes Vergnügen: um die Magie der Inspiration, die entsteht, wenn man gemeinsam Kunst erlebt. Und damit um etwas, was man auf keinen Fall verpassen sollte.
Text: Hilka Dirks / Credit: Gernot Wieland, Ink in Milk / Fotos: Anna Tiessen, Pauline Ruther
Berlinische Galerie, Alte Jakobstr.124-128, 10969 Berlin–Kreuzberg, Stadtplan
Do 17.08.23. ab 19h30 mit Musik und Drinks
20h30 Artist Talk mit Gernot Wieland und Thomas Köhler
21h15 Video Art Screening „Thievery and Songs“ (22:40 min) und „Ink in Milk“ (12:30 min)
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