STREIFZÜGE DURCH DIE STÄDTE: AKINBODE AKINBIYI IN DER BERLINISCHEN GALERIE

STREIFZÜGE DURCH DIE STÄDTE: AKINBODE AKINBIYI IN DER BERLINISCHEN GALERIE

Eigentlich wollte Akinbode Akinbiyi Schriftsteller werden. Er studierte Literatur in England und Deutschland. Heute schreibt er mit seiner Kamera: Seine Fotografien scheinen direkt aus ihm herauszufließen wie Worte, wenn er auf den Straßen dieser Welt – von Berlin über Brasília bis Bamako – den Alltag ungefiltert einfängt. Vor Akinbiyis Rolleiflex sind alle Menschen und Motive gleich wichtig und festhaltenswert. Er sucht nicht die großen Monumente oder Gesten, er inszeniert nicht. Er sieht die Stadt so wie die, die nicht in teuren Autos durch die Viertel gleiten. Zwischen Bordstein und Häuserfront, zwischen Marktplatz und Zebrastreifen findet er das, was einen nach vorne schauen lässt. Akinbiyi ist ein Fußgänger unter Fußgänger:innen, der einen mit sich zieht. Aufgewachsen zwischen London und Lagos, nennt Akinbiyi seit 1991 Berlin sein Zuhause. Es ist an der Zeit, dass ihm die Stadt seine erste museale Einzelausstellung in Deutschland widmet – und die Berlinische Galerie tut genau das im Rahmen seiner Auszeichnung mit dem Hannah-Höch-Preis 2024.

Das Museum zeigt 120 Fotografien aus verschiedenen Serien, die bisweilen mehrere Jahrzehnte umspannen. Man folgt Akinbiyi durch Häuserschluchten und auf Gehwegen, taucht ein in vertraute und weit entfernte Gegenden. Mit „Lagos: All Roads“ zeichnet er in den 1980ern die Entwicklung der wachsenden Metropole nach, während er in „Black Spirituality“ die Bedeutung von Religion für die brasilianische Diaspora untersucht. Die Gerüche von staubigem Asphalt, von Straßenfesten und U-Bahn-Schächten scheinen aus seinen Bildern zu strömen, so nah ist er an den Szenen, die er überwiegend in Schwarz-Weiß festhält. Es sind poetische Aufnahmen, die wie bei seiner Serie zum sogenannten Afrikanischen Viertel im Wedding politische Untertöne haben. Die Fotos lassen sich lesen wie Geschichten – voller Metaphern und Kritik an Kolonialismus und Rassismus.

Text: Laura Storfner / Fotos: Akinbode Akinbiyi, Wilton

Berlinische Galerie, Alte Jakobstr.124–128, 10969 Berlin–Kreuzberg; Stadtplan 

Akinbode Akinbiyi: Being, Seeing, Wandering – Hannah-Höch-Preis 2024, bis 14.10.2024.

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@berlinischegalerie

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