An diesem Wochenende (28–30.04.2023) findet das erste Berliner Sellerie Weekend statt: das Off-Programm der Kunst-Off-Spaces zum Berliner Gallery Weekend. Die Tatsache, dass sich das Festival der Projekträume ausgerechnet das Suppengemüse als Namenspatin ausgesucht hat, passt nicht nur aufgrund des Klangs: Für viele Gerichte unentbehrlich, ist der Sellerie bei guter Zubereitung voller Würze und Aromen, man kann alles an ihm verwenden und dabei ist er auch noch so gesund – so ungefähr verhält sich der grün-knollige Underdog zum Gemüseregal wie die Projekträume zur Kunstszene. Insbesondere für Berlin sind sie unentbehrlich, häufig besser, meist diverser und immer demokratischer als die herkömmlichen kommerziellen Galerien – und dabei fast durchgängig unterschätzt und insbesondere von der Politik oft übersehen. Umso wichtiger ist die Neugründung des Sellerie-Weekends. Inhaltlich erscheint das Programm humorvoll-vielversprechend klug und vielfältig – es gibt nämlich einfach alles: Von Vitrinen (Im A Trans im Bahnhof Zoo mit zeigt Birgit Kjærsgaards unter dem vielversprechenden Titel „Mountain of Sadness“) zu Autohäusern (Der Spoiler Aktionsraum ist nicht nur selbstverständlich dabei, das Kollektiv ist auch maßgeblich in die Gründung der Initiative involviert) bis hin zu Architekturdenkmälern (Eternithaus). Von Einzelausstellungen („Ein Mann hat Lust“ von Jonas Zink im Raum für Drastische Maßnahmen), zu Gegenüberstellungen („Touché“ mit Patrick Huber und Ute Lindner imKronenboden) bis zur Gruppenpräsentation („Sugar and Spice“ im Scotty).
Von Performances (Xiaoer Liu im Rainbow Unicorn am Freitag, Mirka Raiko im Hilbertraum am Sonntag) über Bildhauerei (Florian Balze im M3) und Irgendwas-Post-Digitales (eh überall, aber auch Norbert Bayer bei Sox) bis Malerei (Emilia Jechna bei Somos). Von Up-and-Coming (Kristi Kongi im Roam) bis etabliert („How I forgot the Skin of the Places 2“ bei Die Möglichkeit einer Insel). Und natürlich noch viel, viel mehr. So viel, dass es schwer fällt, die Übersicht zu behalten, und es unmöglich wird, alles zu sehen. Jedoch glasklar zu erkennen: wie dringend wir es brauchten, das Sellerie-Weekend. Oder wie Maria Lassnig einst sang: „Es ist die Kunst, sie macht den Geist erst hungrig und dann satt.“
Text: Hilka Dirks / Fotos: Sellerie Weekend, Stephanie Kloss & Katalin Kortmann-Járay
Sellerie Weekend (28–30.04.2023), verschiedene Orte in der gesamten Stadt.
Das ganze Programm gibt es hier.