GEWALTIGE BILDER FÜR GEWALTIGE GEFÜHLE — KARIM AINOUZ NEUES WERK „MOTEL DESTINO“ AB HEUTE IM KINO

GEWALTIGE BILDER FÜR GEWALTIGE GEFÜHLE — KARIM AINOUZ NEUES WERK „MOTEL DESTINO“ AB HEUTE IM KINO

Novembergrau, Berlingrau, Allesgrau? Wie gut, dass es das Kino gibt. Und wie gut, dass es ab und zu noch Filme gibt, die man einfach auf der großen Leinwand erleben muss, wie die Werke des algerisch–französischen-brasilianischen Regissuers Karim Aïnouz. Sein neuer Film, der betörende tropical Neonoir „Motel Destino“ läuft seit heute (14.11.2024) endlich in den deutschen Kinos an. Zwischen grellen Neonfarben und der Weite des nordbrasilianischen Himmels entführt Aïnouz uns in eine Welt, die so verlockend wie gefährlich ist, so farbenfroh wie düster. Der junge Heraldo, frisch gestrandet nach einem verpfuschten Raubüberfall, findet hier Zuflucht. Doch was als Versteck beginnt, entwickelt sich rasch zu einem Mikrokosmos menschlicher Begierden und Machtspiele. Der undurchsichtige Motelbesitzer Elias sieht in Heraldo nicht mehr als billige Arbeitskraft, während seine Frau Dayana in dem Neuankömmling einen Hauch der Freiheit wittert, nach welcher sie sich so verzweifelt sehnt. Aïnouz inszeniert ein Dreiecksverhältnis als Tanz auf dem Vulkan. Die Kamera von Hélène Louvart fängt jede Schweißperle, jeden begehrenden Wimpernschlag, jeden offene Pore ein. Die Darstellenden Igor Xavier, Nataly Rocha und Fabio Assunção verkörpern ihre Rollen so, dass die Grenzen von Sehnsucht und Verzweiflung verschwimmen.

Aïnouz nutzt die Kulisse des abgelegenen Motels, um ein Bild der brasilianischen Gesellschaft zu zeichnen, die nach den Jahren unter Bolsonaro wie ein Pulverfass wirkt, jederzeit bereit zu explodieren. Die Charaktere sind keine Helden, sondern Menschen am Rande der Gesellschaft, die verzweifelt nach einem Ausweg suchen. Ihre Körper werden zur Leinwand, auf der sich ihre Hoffnungen und Ängste abzeichnen. Jede Berührung, jeder Blick ist aufgeladen mit Bedeutung. „Motel Destino“ ist ein Werk, das noch lange nachwirkt, das uns zwingt, über die Grenzen von Moral und Begehren nachzudenken, und das uns daran erinnert, wie dünn der Firnis der Zivilisation tatsächlich ist. Gleichermaßen betört und verstört, zieht Aïnouz’ die Zuschauer in seinen Bann und hält sie doch auf Abstand. „Motel Destino“ ist kein leichter Film, aber einer, der uns daran erinnert, warum wir ins Kino gehen: Um berührt, aufgewühlt und herausgefordert zu werden und dem ganzen Grau dieser Stadt, Welt und Jahreszeit zumindest für zwei Stunden auf immer zu entfliehen.

Text: Alina Herbel / Credit: Santoro

Motel Destino

Der Film wird in folgenden Kinos ab dem 14.11.2024 zu sehen sein: fsk Kino, Neues Off, Filmtheater am Friedrichshain, Rollberg Kinos, delphiLUX, and Il Kino.

@piffl_medien

cee_cee_logo