IN THE MOOD — FÜR KINO AUS OSTASIEN: EINE FILMREIHE IM NEUEN OFF

IN THE MOOD — FÜR KINO AUS OSTASIEN: EINE FILMREIHE IM NEUEN OFF

Im Sommer, wenn um Mitternacht immer noch die Hitze in den Straßen hängt und ich nicht schlafen kann, würde ich am liebsten jeden Abend ins Kino gehen. Es ist im Grunde fast egal, was läuft, weil für mich ein Tag im Freibad am besten so endet: beim Abtauchen in einem dunklen Kinosaal und Auftauchen in einer anderen Welt. Wenn ich sicher sein will, dass das Programm mich verlässlich an neue Orte bringt, dann kaufe ich mir eine Karte für die Reihe „in the mood“ im Neuen Off. Jeden zweiten Dienstag werden hier Filme von ostasiatischen Regisseur:innen im Original gezeigt. Neben Klassikern von Wong Kar-Wai, dessen wunderschöner Liebesfilm „In the Mood for Love“ der Veranstaltung den Namen leiht, stehen auch immer wieder neue Titel auf dem Programm. Nach den Vorführungen von „Burning“, Lee Chang-dongs Verfilmung einer Kurzgeschichte des japanischen Kultautors Haruki Murakami, kann man sich für August „Past Lives“ vormerken. Das Spielfilmdebüt der in Korea geborenen Dramaturgin Celine Song begleitet einen Jungen und ein Mädchen, die in Seoul aufwachsen, sich anfreunden und verlieben – bis das Mädchen mit ihrer Familie nach Toronto zieht. Nach Jahren der Funkstille treffen sich die beiden mit Mitte dreißig in New York wieder.

Song verwebt im Film ihre eigene Migrationserfahrung mit dem koreanischen Konzept des In-Yun: der Vorstellung, dass Menschen, die in einem früheren Leben miteinander verbunden waren, im Jetzt erneut zueinanderfinden. Past Lives ist ein stiller Film, der ohne Kitsch und Klischees von der großen Hypothese einer verpassten Liebe erzählt. Neben den klugen, ehrlichen Dialogen ist es besonders Greta Lee, bekannt aus der Serie „Russian Doll“, die in ihrer ersten Hauptrolle überzeugt. Man könnte ihr ewig dabei zusehen, wie sie zwischen ihrem Ehemann und ihrer Jugendliebe, dem Heute und Gestern, ihrem neuen Zuhause und ihrer Heimat sitzt und über das „Was-wäre-gewesen-wenn“ nachdenkt. Celine Song führt in ihrer Erzählung vor, was die Reihe „in the mood“ im Kern in sich trägt: Den Versuch, das Verbindende zwischen den Welten und das Universelle im Individualschicksal zu finden – ohne kulturelle Feinheiten auszublenden. Tritt man nach einem solchen Abend um Mitternacht wieder ins Freie, hat man vielleicht einen der schönsten Nicht-Liebesfilme des Jahres gesehen. Ganz sicher aber eine Liebeserklärung an das Kino.

Text: Laura Storfner / Credit: Past Lives & Yorck

In the mood im Neuen Off, Hermannstr.20, 12049 Berlin–Neukölln; Stadtplan
In der Regel jeden zweiten Dienstag um 21h.

Burning 20.06.2023
Past Lives 01.08.2023

@inthemood.berlin

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