
Ein Glas Rotwein zum Radicchio-Risotto – das ist doch kein Problem, oder? Überhaupt ist Alkohol trinken eigentlich kein Problem, wenn die Umstände stimmen, oder? Also wenn es ein stilvolles Glas Wein ist oder ein guter Whiskey. Wenn ein schicker Cocktail in Gesellschaft gereicht wird. Will sagen, wenn man das Ganze bewusst konsumiert – ja emanzipiert konsumiert. Oder? Genau diese Thematik erörtert Eva Biringer in ihrem gerade erschienenen ersten Buch „Unabhängig – vom Trinken und Loslassen“ (Harper Collins). Ein Buch, das wir alle lesen sollten, finde ich. Okay, ich gebe es zu – ich bin ein wenig voreingenommen – Eva Biringer ist eine treue Cee Cee-Gefährtin und hat über viele Jahre regelmäßig für uns geschrieben. Ich schätze ihre klugen Beschreibungen und Beobachtungen über Essen, Reisen, Kultur und Genuss, die in Zeitungen wie dem Standard, der Welt am Sonntag und dem Tagesspiegel erscheinen, sehr – und sie als weltgewandte, smarte Frau und Freundin. Ich bin also auch ein bisschen stolz auf sie und dieses Buch. Evas Buch ist – und das ist kein Spoiler – ein sehr persönliches Plädoyer fürs Nicht-Trinken. Eine Erfahrungsgeschichte gespickt mit Fakten und Wissen aus vielen Studien.
Aber es ist auch eine ziemlich gute Beschreibung vom Leben als Frau in der Jetztzeit zwischen Leistungsdruck, Schönheitsidealen und Emanzipation. Los geht es aber mit Kunst, was mich direkt reingezogen hat. Mit Edvard Munch und seinem Blick auf „die Frau“ und damit auch den Selbstblick eröffnet Eva ihre Reise zu sich selbst. Die Wahl-Wienerin und Teilzeit-Berlinerin schafft es, Joan Didion Zitate und Früchtetee-Assoziationen auf einer Seite zu verweben – das ist ziemlich gut. Sie erzählt von Jugendreisen nach Spanien, Essstörungen, After-Party-Aufwachmomente mit Panda-Augen, Pilates-Stress, 50-Stunden-Wochen. Ich muss schmunzeln zwischendurch, weil ihre Assoziationen und Anekdoten zu Dingen wie instagrammable Daydrinking-Sprüchen auch absoluten Unterhaltungswert haben. Ich bin noch nicht ganz durch – aber es dauert nicht mehr lange, denn „Unabhängig – vom Trinken und Loslassen“ ist eines dieser Bücher, die man nicht mehr weglegen kann, bis man fertig ist. Ich freue mich auf den Rest und muss sagen, dass ich schon jetzt etwas Wichtiges für mich mitgenommen habe: Unabhängig – klar, das möchte man ja sein im Leben und in jeder Hinsicht anno 2022. Aber ich habe das Wort bisher nie als Gegenentwurf zu Suchtverhalten betrachtet. Danke dafür Eva!
Text: Nina Trippel / Fotos: Florian Reimann & Monstera
“Unabhängig – vom Trinken und Loslassen” von Eva Biringer (2022, Harper Collins, 350 Seiten)
Am 12.05.2022 20h findet im Pfefferberg Theater die Buchpremiere mit Eva Biringer im Gespräch mit Daniel Schreiber statt.
@evaperla
@harpercollinsde