UNTER DEM PFLASTER LIEGT DER STRAND: FELIX LOBRECHTS ROMANDEBÜT SONNE UND BETON IM KINO

UNTER DEM PFLASTER LIEGT DER STRAND: FELIX LOBRECHTS ROMANDEBÜT SONNE UND BETON IM KINO

Der Klügere tritt nach. Diese Lektion lernt Lukas, der 15-jährige Protagonist im Film „Sonne und Beton„, schnell. Dabei sind er und seine Freunde Gino, Julius und Sanchez nicht die Typen, die sich ohne Grund prügeln. Aber in Gropiusstadt, der Hochhaussiedlung im Süden von Neukölln, kann man Stress nur schwer aus dem Weg gehen. So bleibt Lukas‘ blutige Nase das kleinste Problem, mit dem sich die Jungs rumschlagen müssen. Klar, da sind Mädchen, die sie beeindrucken wollen. Aber eben auch alkoholkranke Väter, Dealer und die Polizei, die nach ihnen sucht. Wie kommt man raus aus einer Welt, in der das Geld nicht mal fürs Schwimmbad reicht? Selten hat ein deutscher Film so ehrlich und gleichzeitig mit so viel trockenem Humor über das Aufwachsen im Plattenbau erzählt. Nach der Weltpremiere auf der Berlinale kommt „Sonne und Beton“ heute deutschlandweit in die Kinos. Dass der Film weder wie ein schlechter Tatort noch wie ein Abklatsch von Romain Gavras‘ „Athena“ daherkommt, ist Felix Lobrechts gleichnamigem Roman von 2017 zu verdanken. Mit dem Regisseur David Wnendt hat er den Stoff für die Leinwand adaptiert.

Die Dialoge sind authentisch, die Locations echt. Denn Lobrecht weiß, wovon er redet: Er wuchs selbst mit einem alleinerziehenden Vater und zwei Geschwistern in Gropiusstadt auf. Heute füllt er als Stand-up-Comedian ganze Stadien und hat gemeinsam mit dem Moderator Tommi Schmitt einen der erfolgreichsten Podcasts Deutschlands. Wie offen er über seine Jugend in Neukölln erzählt, kann man jeden Mittwoch bei „Gemischtes Hack“ hören. „Sonne und Beton“ ist deswegen auch keine kühle Abrechnung mit einem Viertel, das Lobrecht hinter sich gelassen hat. Es ist viel mehr eine Erinnerung an die Höhen und Tiefen der Häuserblocks, die es so oder so ähnlich in ganz Deutschland gibt – an die Jungs in Picaldi-Jeans, die auf hart machen, an Cherry-Coke im Kiosk und an Kiffen im Kinderzimmer. Dass dieser Geschichte die richtige Balance zwischen Milieustudie und Coming-of-Age-Sehnsucht gelingt, liegt am überraschenden Cast – allen voran an Levy Rico Arcos, der als Lukas sein Kinodebüt gibt. Neben Jörg Hartmann in der Rolle von Lukas‘ Vater und der hervorragenden Franziska Wulf als Sanchez‘ Mutter sind auch viele bekannte Gesichter aus der Berliner Rapszene dabei. Unter anderem Lucio101, Juju, B-Tight und Luvre47, der den Titelsong lieferte. Am Ende ist „Sonne und Beton“ ein Film übers Erwachsenwerden, über Freundschaft und eine ehrliche Liebeserklärung an Gropiusstadt. Das merkt man spätestens, wenn im Abspann allen Mitwirkenden und Nebenfiguren namentlich gedankt wird. Da wird einem selbst im tiefsten Berliner Winter warm ums Herz, wenn die Sonne auf den Beton knallt.

Text: Laura Storfner / Fotos: © Constantin Film Verleih

Sonne und Beton
Ab 02.03.2023 im Kino.

@sonneundbeton

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