WIE FÜLLT MAN DIE LEERE? FERDINAND DÖLBERG BEI ANTON JANIZEWSKI

WIE FÜLLT MAN DIE LEERE? FERDINAND DÖLBERG BEI ANTON JANIZEWSKI

Was bleibt, wenn jemand geht? Der Künstler Ferdinand Dölberg, 1998 in Eisenach geboren, sucht in seiner Ausstellung bei Anton Janizewski nach Bildern für die Lücke, die der Tod eines geliebten Menschen hinterlässt. Nachdem sein Vater starb, wurde das abstrakte Thema der Trauer für Dölberg real. In den eleganten Galerieräumen hat er nun überlebensgroße Gemälde einer Trauergemeinde an den Wänden angebracht, die die Betrachter:innen umringen. Jedes Porträt zeigt einen Gast, der ein Objekt in den Händen trägt – mal ist es ein Regenschirm, mal ein Blumenstrauß. Bisweilen halten die Trauernden aber auch absurdere Erinnerungsstücke wie eine Wärmelampe oder eine Sackkarre. Dölberg führt in einfachen Gesten vor, wie wir erinnern. Indem er die Trauerprozession in all ihrer Surrealität existieren lässt, beweist er, dass selbst die scheinbar profansten Andenken von Bedeutung sind.

Auf jedem Gemälde hat Dölberg zudem einen kleinen leeren Zettel angebracht. Steht das Stück Papier für das Vakuum, das für immer bleibt? Für alles, was nicht gesagt werden konnte – nicht einmal in einem Abschiedsbrief? Er lässt es offen und knüpft an das Bild der Lücke auch im Hauptwerk der Schau an. Dölbergs Arbeit „Am Ende die Leerstelle“ wirkt auf den ersten Blick wie ein abstraktes Gemälde. Erst beim näheren Betrachten fällt auf, dass es wie ein Schiebepuzzel aus elf variablen Teilen und einer leeren Fläche besteht. Das Publikum kann die Stücke frei bewegen und so eine liegende Figur zusammensetzen: den Menschen, dem die Trauergemeinde gedenkt. Wie individuell das Erinnern ausfällt, wie spielerisch es sein kann, das führt Dölberg in dieser Schau eindrucksvoll vor. Ohne Kitsch zeigt er, dass der Verlust eines Anderen Leere hinterlässt, die sich nicht mehr mit Leben – aber doch mit Erinnerungen füllen lässt.

Text: Laura Storfner / Fotos: Sascha Herrmann

Galerie Anton Janizewski, Goethestr.69, 10625 Berlin–Charlottenburg; Stadtplan
Ferdinand Dölberg: Am Ende die Leerstelle bis 08.07.2023
Mi–Fr 12–18h, Sa 12–16h

@ferdinanddoelberg
@galerie_anton_janizewski

cee_cee_logo