Es riecht nach trockenen Kiefernwäldern, staubigem Sand und salziger Gischt. Nach kalter Lasagne und dunklem Rotwein, nach warmem Holz und klebrigen Teer, nach Auspuffgasen und Papier. Christian Petzolds neuer Film „Roter Himmel“ ist so vertraut und nah — man ist sofort mittendrin. Inmitten unserer beginnenden Herbstschwermut treffen diese 103 Minuten auf Film gebannte Sommerschwermut, eben jenen Sweet Spot auf unseren Sofas: voller Sehnsucht, Verlangen und Nostalgie. Ausgezeichnet mit dem Silbernen Bären der Berlinale ist der Film ab sofort exklusiv zum Streamen auf Mubi verfügbar. Doch fangen wir von Anfang an: Die beiden Freunde Felix und Leon verbringen einen Monat an der Ostsee. Wir kennen sie gut, sind es doch die typischen Berliner, die hier mit dem Auto liegen bleiben und nach längeren Umwegen halb vorfreudig, halb misstrauisch im Ferienhaus ankommen. Dort treffen sie unerwartet auf die promovierende Saisonarbeiterin Nadja, die ebenfalls im gleichen Haus wohnt und dort regelmäßig und lautstark mit dem schönen Bademeister Devid schläft.
In pastelligen Bildern entspinnt sich eine Sommerromanze voll Drama, Witz und Leidenschaft. Es wird gegessen und gearbeitet, geschrieben, fotografiert und geschwommen, geküsst und gestritten. Die junge queere Romanze verstärkt sich noch als Leons Verleger aufkreuzt, um sein neues Manuskript zu besprechen und die Waldbrände der Umgebung immer näher rücken. Petzolds brillante Charakterstudien schaffen ein intimes Portrait fünf unterschiedlicher junger Erwachsener, voll seziererischer Emotion, klugem Witz und subtiler Spannung. Die außergewöhnlich detaillierten Portraitaufnahmen Hans’ Fromms (Kamera) und Bettina Böhlers ungewöhnlicher Schnitt erschaffen eine poetische Bildsprache, die die gleichberechtigt exzellente schauspielerische Leistung der Hauptdarstellenden auch visuell unterstützt. Ein vorsichtiges Meisterwerk, geschaffen für die langen Abende, wenn der letzte Sommer hinter uns liegt und der nächste noch so weit entfernt ist.
Text: Alina Herbel / Credit: Mubi
Mubi „Roter Himmel“
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