Mitten im Graefekiez hat im Oktober 2024 das Navi eröffnet. Das Wort „Navi“ kommt aus dem Sanskrit und kann mit „neu“ übersetzt werden – und könnte ich das indische Restaurant mit nur einem Wort zusammenfassen, so würde ich mich wahrscheinlich für genau dieses entscheiden. Denn hier wird indische Küche ganz zeitgenössisch serviert – so, wie sie vielen von uns bislang noch nicht bekannt ist. Nur wenige Minuten von der Kottbusser Brücke entfernt, gibt es in dem hellen Ecklokal Gerichte aus Indiens 28 Bundesstaaten und acht Unionsterritorien, verfeinert mit modernen Techniken, komplexen Gewürzmischungen und lokalen Zutaten aus Berlin und Brandenburg. Chefkoch Shannon Lawrence, geboren in Mumbai, ist erst vor wenigen Wochen nach Berlin gezogen, nachdem er u.a. als Senior Sous Chef in der The Bombay Canteen und als Head Chef im neu eröffneten Cirqa gearbeitet hat. Hier bereitet er nun gehobene Comfort-Küche für die Gäste zu: Die Gerichte sind alle zum Teilen gedacht und verkörpern die Idee des Zusammenkommens und der Gastfreundschaft Indiens. Signature Dishes, wie die „Crispy Okra Zunka“, eine herzhafte Crème Brûlée aus Kichererbsenmehl mit knusprigen Okras und Reis-Papadam, das „Navi Special Dal“ aus weißen Linsen, gebratenen Zwiebeln und Ingwer-Ghee, oder die „Rasam Prawns“ mit aromatischer Rasam-Butter, frittierten Curryblättern und grünem Pfeffer, bringen bekannte indische Aromen aus den verschiedenen Mikroküchen zusammen. Auch vegetarische und vegane Angebote gibt es reichlich auf der Karte, wie dem „Achari Tikka“, einem vegetarischen Kebabspieß mit glasiertem Wurzelgemüse, Kräuter Chutney, geröstetem Sesam und Pistaziencrumble.
Wie die Speisekarte selbst, ist auch das Ambiente neu gedacht und möchte Klischees aufbrechen: Berliner Altbau mit seinen hohen Decken, dem Stuck und den Holzdielen treffen hier auf speziell für das Navi angefertigte Möbel aus Indien, warme Grüntöne, große Origami-Lampen und handbemalte Porzellanteller. Zu den Gerichten werden Cocktails serviert, die nach indischen Städten benannt sind und diese anhand der Zutaten oder dem Beliebtheitsgrad in dem Ort selbst repräsentieren, wie dem „#5 Delhi“ mit Whisky, Rum und Masala Chai Sirup oder dem „#7 Jaipur“ mit Vodka, Safran und Kardamom. Die Besitzer:innen Heena Manglani, Ritesh Taurani und Gurbir Gill zeigen Berlin eine neue, moderne Seite der indischen Küche auf – eine, die mit viel Herz, spannenden Geschichten und bisher unbekannten Geschmäckern überzeugt.
Text: Robyn Steffen / Fotos: Sophie Doering
Navi, Graefestr.83, 10967 Berlin–Kreuzberg; Stadtplan
@wearenavi
111 Jahre feiert die Berliner Institution Clärchens Ballhaus im Herbst 2024: An wenigen anderen Orten in Berlin wurde so viel getanzt und gefeiert wie hier. Zwei Weltkriege und sechs Währungsreformen hat das Clärchens überstanden – „wenn die Mauern nur sprechen könnten, sie würden heitere, traurige und unglaubliche Geschichten aus der Vergangenheiterzählen“. Nun hat sich das Ballhaus zum Jubiläum neu erfunden mit der Eröffnung des Restaurants Luna D’Oro. Was hier auf den Teller kommt? Deutsche Küche, die Nostalgie weckt und dabei mit Eleganz überrascht – Gerichte, wie Du sie vielleicht noch von Zuhause kennst, nur eben ein bisschen anders. Auf der Speisekarte findest Du Klassiker, die ungeduldig auf ihr großes Comeback gewartet haben, wie den Mettigel mit seinen Zwiebelstacheln und Kapernnase, oder der giftgrüne Waldmeister-Wackelpudding in Vanillesoße. Nicht entgehen lassen solltest Du Dir die frittierten Spreewald-Gürkchen mit Dill-Dip, die Königsberger Klopse mit Kartoffelbrei (und was für einer!), oder die Kalbsleber „Berliner Art“ mit Zwiebeljust, Apfel und ebenfalls einer großen Portion Kartoffelbrei. Die Gerichte sind eine wahre Hommage an die traditionelle deutsche Küche, gepaart mit modernen Einflüssen, die jedoch keineswegs von dem ursprünglichen Gericht ablenken. Und wer jetzt denkt, dass es zuhause immer noch am besten schmeckt, der/die wird hier von Tobias Beck vielleicht doch eines Besseren belehrt: Nachdem er zuletzt mit seinem Open Fire Cooking-Konzept im Ember für Aufsehen sorgte, setzen er und sein Team im Luna D’Oro auf Rezepte früherer Generationen, die mit regionalen, hausgemachten Zutaten zubereitet werden. Ein Ort des Zusammenkommens und des Erzählens wird das Clärchens wohl immer bleiben – dank unverwechselbarer Patina und dem funkelnden Licht der Discokugel, die das Ballhaus nun wieder in Glanz erstrahlen lässt.
Text: Robyn Steffen / Fotos: Luna D’Oro, Robyn Steffen
Luna D’Oro / Clärchens, Auguststr. 24/25, 10117 Berlin–Mitte; Stadtplan
@luna.claerchens
@claerchens_ballhaus
Runter vom Wittenbergplatz und rein ins Getümmel – kaum habe ich die Straße überquert, laufen mir Menschenmassen mit Einkaufstüten entgegen. Manchmal fühlt sich der Ku’damm wie ein endloser Marathon an. Wer dem Chaos entkommen will, muss einfach nur abbiegen, denn hier bietet das Frizza Bistro seit Dezember 2023 das perfekte Setting für eine kurze Verschnaufpause ein. Philip und Paul Piskator, Brüder und Besitzer von Frizza, wollen im Bistro das Gefühl einer offenen, entspannten Küche vermitteln – damit sind die Räumlichkeiten gemeint, die einen mit Bildern an den Wänden und großen Tischtafeln ins eigene Wohnzimmer transportieren, aber auch die Gerichte, die serviert werden. Gemeinsam mit Chefkoch Kleant haben Philip und Paul ein Lunchkonzept entwickelt, welches an Gerichte von Zuhause erinnern soll: Schnell und einfach, dafür lecker und sättigend. Die Karte ist überschaubar und ganz klar von den italienischen Wurzeln der beiden Brüdern inspiriert, allerdings immer gepaart mit eigenen neuen Ideen und Kreationen. So entstand zum Beispiel eines der Lieblingsgerichte der Gäste, die Lasagna Rolls, die Dir entweder mit hausgemachtem Ragout oder als vegetarische Variante serviert werden. Auch die Pappardelle mit Pistazienpesto oder die Minestrone sind Klassiker des Bistros, neben Desserts wie dem Apfelkuchen mit Miso-Karamellsauce oder einem Schoko-Cremeux mit Olivenöl, Salz und Chili. Andere Gerichte werden saisonal ausgetauscht – dabei wird immer darauf geachtet, dass reichlich vegetarische, vegane und glutenfreie Optionen auf der Karte stehen.
Ab und zu denken sich die Drei noch das ein oder andere Special aus, welches nur für kurze Zeit verfügbar ist, wie zurzeit die Burrata mit frischen Balsamico-Feigen. Wer beim Lunch auf Weinbegleitung besteht, ist hier auf jeden Fall richtig: Die Weinkarte ist wie das Lunchangebot kompakt und zugänglich mit einer Auswahl an Naturweinen, die größtenteils aus Italien und Deutschland kommen. Für alle, die erst am Abend mit Wein anstoßen, gibt es frisch gepresste Säfte, alkoholfreie Cocktails und Limos. Mit Frizza wollen Philip und Paul beweisen, dass man auch ohne viel Zeit nicht auf frische, hausgemachte Gerichte verzichten muss. Und obwohl das Essen im Frizza schnell auf den Tisch kommt, bleibe ich gern auch mal länger hier sitzen, um dem Chaos draußen für ein paar weitere Minuten zu entfliehen.
Text & Fotos: Robyn Steffen
Frizza, Nürnberger Str.8, 10787 Berlin–Charlottenburg; Stadtplan
@frizza.kitchen
FORN SIMSIM — TRADITIONELLES, FRISCH GEBACKENES FLADENBROT AUS DER LEVANTE MITTEN IN PRENZLAUER BERG
Erst neulich wurde ich zum Abendbrot eingeladen – was vielleicht eher unspektakulär klingt, löste am selben Abend einen endlosen Gedankenstrudel in mir aus: Ich musste an meine Heimat denken, an gemeinsame Familienabende, daran, wie Brot Menschen zusammenbringt. Auch Marwan Fakhriddin, Besitzer des Forn Simsims, verbindet Heimat mit Brot. Marwan ist mit Man’ousheh aufgewachsen, ein traditionelles Fladenbrot aus der Levante, welches in einem Forn (arabisch für Ofen oder Bäckerei) gebacken wird – serviert wurde es bei ihm zu Hause zum Frühstück. Mit Forn Simsim bringt er seit Mai 2024 ein Stück seiner Heimat zu Dir: Mitten in der Kastanienallee kannst Du seine Man’ousheh probieren, die hier aus hausgemachtem Sauerteig hergestellt werden. „Jibneh Akkawi“ ist mein persönlicher Favorit und eine Bereicherung für alle, bei denen die Wörter „zu viel“ und „Käse“ wohl niemals zusammenfinden werden. Auf das Fladenbrot kommt Mozzarella und Akkawi-Käse, dazu kannst Du Dir ein hausgemachtes Chiliöl bestellen. Ein Klassiker ist ebenfalls „Zaatar“ mit Thymian, Sumach, Sesam und Olivenöl, oder „b ajeen“ mit Lammhackfleisch, Tomaten, süßer Paprika, Minze, Petersilie, Chilipaste und Granatapfelmelasse – lass das Fleisch weg und Du hast eine super leckere vegane Option. Die Sitzplätze in dem kleinen Laden sind überschaubar, das Fladenbrot eignet sich jedoch auch hervorragend als To-Go Snack. Sammle Deine Liebsten für Deinen Besuch bei Forn Simsim ein, denn Brot schmeckt bekanntlich immer noch am besten, wenn man es mit anderen teilt.
Text: Robyn Steffen / Fotos: Andrea Zoltanetzky, Robyn Steffen
Forn Simsim, Kastanienallee 24, 10435 Berlin–Prenzlauer Berg; Stadtplan
@fornsimsim
Wer kennt es nicht: Das Dashi Diner in der Invalidenstraße – schnell rumgesprochen hat es sich, als die ersten Schilder an der Außenfassade und am Fenster hingen. Inzwischen gehört das Diner zu den beliebtesten Lunch Spots in Mitte, denn wer in seiner Mittagspause voll und ganz auf seine Kosten kommen möchte, wird bei Dashi nie enttäuscht: Chicken Sandos, Szechuan Fries, Caesar Salad und Shiitake Congee – das Menü stammt von den Betreiberinnen Thu Thuy Pham und Phuong Thao Westphal, die hier ihre Wurzeln mit ihren kreativen Visionen verbinden. Für wen der Weg nach Mitte jedoch zu weit ist und zufällig öfters im Westen unterwegs ist, kann sich nun freuen, denn im August 2024 hat die Dashi Canteen am Charlottenburger Spreeufer eröffnet. Neben House of Healing – dem Yogastudio mit dem wohl schönsten Blick in Berlin – kannst Du in der Canteen nun auch die Klassiker aus dem Diner mitten in Charlottenburg genießen. Weiß-grüne Fliesen, Edelstahl-Höcker und Tablettes versetzen Dich sofort in das Kantinenkonzept – mit solch einem stylischen Setting kann aber garantiert keine andere Kantine mithalten! Schau am besten vorbei, solange der Sommer sich noch nicht ganz verabschieden will, denn von den Außentischen aus hast Du einen besonders schönen Blick auf die Spree.
Text: Amélie Reed / Fotos: Dashi & Jordana Schramm
Dashi Canteen, Englische Str.21, 10587 Berlin–Charlottenburg; Stadtplan
@dashidiner