
Die Leute scharen sich auf dem Bordstein am Rosa-Luxemburg-Platz. Alle sind gespannt, alle sind beschwingt, alle sind erfreut. Der Grund: Es gibt eine neue Galerie in der Stadt. Sie heißt Gegen & Lücke und stellt junge Kunst aus, mitten in Mitte. Dahinter steckt das Unternehmen Culterim, das seit einigen Jahren schon leerstehende Immobilien an Kunstschaffende vermietet, als Studios und Ausstellungsflächen. Mittlerweile bieten sie auch Residencies an, und ein Kursprogramm. Die Galerie ist die neueste Ergänzung, das neueste „Gewerk“ von Culterim. Gewinne gehen an die Künstler:innen und zurück ans Unternehmen, um das restliche Angebot quer zu finanzieren. So weit, so gut. Geleitet wird die Galerie von Merwin Lüdicke, dem wahrscheinlich einzigen angestellten Galeristen Berlins. Die vertretenen Künstler:innen aus Malerei und Skulptur sind Anna Zachariades, Björn Heyn, Elisa Breyer, Esther Grüne, Fabian Hub, Kevin Lüdicke und Lars Fischer. Letzterer wird jetzt nach der erfolgreichen Debüt-Gruppenausstellung in der ersten Soloshow ausgestellt. Fischer malt bunte Apokalypsen auf bedrucktes PVC, eingefasst in selbstgeschweißte Stahlrahmen. Röhrenartige Würmer und wurmartige Rohre winden sich zu Bergen, Körpern und Fabriken. Sie sind undefinierbare Stellvertreter:innen von Dystopie, zentrales Thema in seiner Kunst. „Do you see nature?“ heißt die Ausstellung, und neben seiner typischen Mischtechnik von gedruckten Fotocollagen und Malerei zeigt Fischer zum ersten Mal auch kleinere schwarze Arbeiten, ein Hybrid aus Druck und Zeichnung, das fast an verbranntes Papier erinnert – passend. Dass in einer Zeit von gekürzten Kulturförderungen, vorsichtigen Kunstkäufen und konstanter künstlerischer Existenzangst eine neue Galerie eröffnet, um dann eine Ausstellung zu zeigen, in der sich alles um Katastrophen dreht, ist eine schöne Ironie. Und ein guter Grund, mal wieder in Mitte vorbeizuschauen.
Text: Inga Krumme / Fotos: Jannis Uffrecht
Gegen & Lücke, Rosa-Luxemburg-Str.35, 10178 Berlin–Mitte; Stadtplan
„Do you see nature?“ von Lars Fischer 04.–26.04.2025
@gegenundluecke
@lf_larsfischer