TRANSLUZENTE TRAUMSEQUENZEN: KETUTA ALEXI-MESKHISHVILI IN DER GALERIE MOLITOR

TRANSLUZENTE TRAUMSEQUENZEN: KETUTA ALEXI-MESKHISHVILI IN DER GALERIE MOLITOR

Die Ausstellung von Ketuta Alexi-Meskhishvili beginnt eigentlich schon auf der Straße: Ihre bedruckten, transparenten Vorhänge verdecken die breite Fensterfront der neu eröffneten Galerie Molitor wie ein bläulicher Schleier. Der Himmel und die tief stehenden Wolken verbinden sich mit Alexi-Meskhishvilis luftiger Bildkomposition zu einer Collage aus Innen und Außen, Realität und Abbild. Das Zusammenspiel lockt einen in den Raum, hinein in das gläserne Neubauensemble der Architekt:innen Johanna Meyer-Grohbrügge und Sam Chermayeff. 1979 in Tbilisi geboren und in den USA aufgewachsen, verbrachte Alexi-Meskhishvili ihre Kindheit in Theatern, wo ihr Vater als Bühnenbildner und Kostümdesigner arbeitete. Das Spiel mit doppelten Böden und gestaffelten Kulissen interessiert sie bis heute. Ihre filigranen Fotografien greifen die Idee der Durchlässigkeit sowohl im Bild als auch im Medium auf: Mal erkennen wir einen Strauß Blumen oder die Silhouette einer Frau, mal bewegen sich ihre Motive an der Grenze zur Abstraktion. Kratzer und Überbelichtung erzeugt Alexi-Meskhishvili bewusst, wenn sie ihre Kompositionen digital scannt oder direkt auf der Oberfläche eines Negativfilms experimentiert. Diese Imperfektionen verleihen den Werken eine pulsierende Schönheit, der man sich nur schwer entziehen kann.

Neben Fotografien ist auch Alexi-Meskhishvili erster Film „Flush“, der der Ausstellung den Titel leiht, zu sehen: Sie mischt darin iPhone-Aufnahmen mit 16-mm, zeigt die Hände einer befreundeten Bildhauerin neben einer schwangeren Frau und dem von Vitiligo gebleichten Haar eines Mädchens. Das Finden von Bildern für die Stille im Dazwischen beherrscht Alexi-Meskhishvili wie keine andere. Einen stärkeren Auftakt hätte sich Marie-Christine Molitor für die Eröffnung ihrer Galerie kaum wünschen können. Denn Ketuta Alexi-Meskhishvili setzt als Künstlerin den Ton für das, was kommt – und Molitor hat viel vor. Nach fast zehn Jahren in der Galerie Neu wagte sie vor ein paar Wochen den Schritt hin zur eigenen Galerie. „Das Programm hat einen starken Fokus auf Gemeinschaft, Zusammenarbeit, Diversität, Nachhaltigkeit, Offenheit und ethisches und digitales Arbeiten“, sagt Molitor. Wie ernst es ihr mit diesen Versprechen ist, manifestiert sich nicht nur in Talenten wie Dora Budor, mit denen sie zusammenarbeitet. In ihrer nächsten Gruppenausstellung, die am 9. Dezember eröffnet, wird sie gemäß der Idee einer Mitarbeiterbeteiligung alle beteiligten Künstler:innen an den Profiten der Schau beteiligen. Es ist ein wichtiger Schritt hin zu besseren Arbeitsbedingungen in einer Branche, die Millionen umgesetzt, in der faire Bezahlung jedoch nicht immer gegeben ist. 

Text: Laura Storfner / Credit: Ketuta Alexi-Meskhishvili & Galerie Molitor, Berlin; Installationsansichten: Stefan Korte

Galerie Molitor, Kurfürstenstr.143, 10785 Berlin–Schöneberg; Stadtplan
Ketuta Alexi-Meskhishvili, Flush, bis 26.11.2022 Mi–Sa 11–18h

@galeriemolitor

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