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NOCHMAL GORKI BITTE — DIE LETZTEN WOCHEN VOR DER SOMMERPAUSE

NOCHMAL GORKI BITTE — DIE LETZTEN WOCHEN VOR DER SOMMERPAUSE

Das Maxim Gorki Theater zeigt in den letzten Wochen vor der Sommerpause und dem bevorstehenden Abschied der Intendantin Shermin Langhoff noch einmal, wie lebendig und relevant Theater sein kann – mit aktuellen Themen und Inszenierungen. Trotz aller Kulturkürzungen rücken viele Berliner Bühnen wieder stärker in den Fokus. Vielleicht, weil wir sie nicht mehr als selbstverständlich sehen. Eine von ihnen ist das Gorki in Mitte – ein Haus, das sich in den letzten zehn Jahren unter Shermin Langhoff stark verändert hat. Nun geht ihre Intendanz zu Ende. Wer sich also noch einmal ein Bild von dieser besonderen Handschrift machen möchte, hat im Juni und Juli dazu Gelegenheit. Das Programm bleibt bis zum Schluss vielseitig. Klassiker wie Franz Kafkas „Der Prozess“ (Regie: Oliver Frljić, am 1. und 8. Juli 2025) treffen auf neue Arbeiten wie „KIM„, eine Solo-Performance von Nairi Hadodo über Popkultur, Identität und weibliche Selbstermächtigung – inspiriert von Kim Kardashian. Am 10. Juli feiert außerdem „Dschinns“ seine 50. Vorstellung. Die Inszenierung von NurkanErpulat basiert auf dem Roman von Fatma Aydemir und erzählt ein vielschichtiges Familiendrama zwischen Deutschland und der Türkei. Wer das Stück noch nicht gesehen hat, sollte die Gelegenheit nutzen. Auch im Studio R geht es weiter: Dort zeigt Lena Brasch ihr neues Stück „Brasch – Das Alte geht nicht und das Neue auch nicht„. Eine persönliche, musikalische Hommage an ihren Onkel Thomas Brasch – und ein kluger Kommentar zur aktuellen Lage der Kultur.

Text: Hilka Dirks / Fotos: Ute Langkafel Maifoto

Maxim Gorki Theater, Am Festungsgraben 2, 10117 Berlin–Mitte; Stadtplan

Das ganze Programm bis zur Sommerpause gibt’s hier.

@maxim_gorki_theater

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STIMMEN AUS DEM DAZWISCHEN — KÜNSTLERISCHE PERSPEKTIVEN AUF EXIL BEIM „PERFORMING EXILES“ FESTIVAL

STIMMEN AUS DEM DAZWISCHEN — KÜNSTLERISCHE PERSPEKTIVEN AUF EXIL BEIM „PERFORMING EXILES“ FESTIVAL

Wie fühlt sich Exil an – heute, mitten in Europa? Was bleibt, wenn Sprache, Herkunft oder Sicherheit plötzlich brüchig werden? Wenn Zu-Hause nicht mehr sein kann, wo es ist? Und wie verändert sich Berlin, diese Stadt, die historisch schon beides war – Ausgangs- und Zielpunkt für Exilant:innen in und aus aller Welt. Vom 19. bis 28. Juni 2025 spürt das Festival „Performing Exiles“ der Berliner Festspiele diesen Fragen nach – mit Theater, Performance, Tanz und Gesprächen an drei Berliner Orten: im Haus der Berliner Festspiele, im HAU – Hebbel am Ufer und im Ballhaus Ost. Im Mittelpunkt stehen diasporische Künstler:innen und ihre Sicht auf Themen wie Identität, Entwurzelung, Widerstand und Erinnerung. Viele der Arbeiten sind autobiografisch geprägt, andere eher formal experimentell. Es geht um Nähe, um Perspektivwechsel – und um die politische Kraft von Kunst. Gezeigt werden unter anderem eine Uraufführung vom Regisseur Mohammad Rasoulof, der aus dem Iran geflüchtet ist. Sein Stück „Destination: Origin“ verhandelt die Idee von Heimat. Tamara Trunova, Theatermacherin aus Kyjiw, präsentiert eine neue Produktion, die zwischen Krieg und Alltag entstanden ist.

Mario Banushi – aufgewachsen in Athen, geboren in Tirana – zeigt die wortlose Inszenierung „Goodbye, Lindita“, über die international jedoch bereits viele Worte verloren wurden. Und Lina Majdalanie & Rabih Mroué erzählen in ihrer Arbeit von Exilerfahrungen und verbinden sie mit Texten eines der bekanntesten deutschen Exilanten: Bertolt Brecht. Ein besonderes Format ist „100° Diaspora“ – ein Mini-Festival im Festival: drei Tage, fünf Bühnen, 45 Projekte mit konzeptioneller Kuration: Wer sich zuerst beworben hat, ist dabei. Kein Jury-Auswahlprozess, keine Filterung. Die Formate reichen von Lesungen bis Performance, von Installation bis Zirkus. Von low bis high. (Insbesondere Rodrigo Zorzanellis Solo-Performance Wiederaufführung „Multiple Memberships“ am 26.06. sollte man sich dabei nicht entgehen lassen.) Auch in seiner zweiten Ausgabe bildet „Performing Exiles“ die Dringlichkeit seines Themas in allen Facetten ab, ohne dabei ins Spektakel zu rutschen. Wie fühlt sich das performte Exil an? Offen, manchmal unbequem, oft bewegend und definitiv dringlich ästhetisch.

Text: Hilka Dirks / Fotos: Christophe Berlet, Fabian Schellhorn & Theofilos Tsimas

Performing Exiles Festival 19.–28.06.2025

Das Festival findet im Haus der Berliner Festspiele im HAU und im Ballhaus Ost statt. Das ganze Programm gibt es hier.

@berlinerfestspiele

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GESÄTTIGTER SURREALISMUS: TOILETPAPER BEI FOTOGRAFISKA

GESÄTTIGTER SURREALISMUS: TOILETPAPER BEI FOTOGRAFISKA

Hochglänzend, verspielt und schräg – das Fotomagazin Toiletpaper fesselt den Blick und lässt ihn nicht mehr los. So kühn, so gesättigt, so überdreht sind seine Bildwelten. Seit 2010 veröffentlichen der Künstler Maurizio Cattelan und der Fotograf Pierpaolo Ferrari ihre Mailänder Publikation zweimal jährlich – mit akribisch inszenierten Fotografien, die irgendwo zwischen Pop-Albtraum, Trash und Hochglanzkunst schweben. Verstörend? Oft. Nervig? Vielleicht. Langweilig? Niemals. Jetzt verlassen die überdrehten Vignetten die Seiten des Magazins und ziehen an die Wände von Fotografiska Berlin. Die Ausstellung ToiletFotoPaperGrafiska, die morgen (09.05.2025) eröffnet wird, zeigt eine Auswahl der wildesten Arbeiten der letzten Jahre – und bringt den ganz eigenen Kosmos des Duos in den physischen Raum. Cattelan und Ferrari beschreiben die Ausstellung selbst als eine Party, „auf der alle total betrunken sind und man die einzige nüchterne Person im Raum ist“. Klingt nach einem Rausch mit Ansage. Die Eröffnung? Ein dekadenter Late-Night-Dance-Off mit Performances, Live-Sets, einem DJ-Programm zwischen swinglastigem House und Disco – kuratiert von der Toy Tonics Crew – und einem Konzert von Myss Keta. Und ja: Die Bilder werden da sein. Nicht, dass Du sie übersehen könntest…

Text: Benji Haughton / Fotos: Toiletpaper

Fotografiska Berlin, Oranienburger Str.54, 10117 Berlin–Mitte; Stadtplan

ToiletFotoPaperGrafiska (09.05–31.08.2025) – Karten für die morgige Eröffnungsparty gibt es hier.

@fotografiska.berlin

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WAS WENN DIE SPREE EIN RIFF WÄRE? — MATERIALITÄT NEU ENTDECKEN UND ZUKUNFT GESTALTEN BEIM MATTER FESTIVAL

WAS WENN DIE SPREE EIN RIFF WÄRE? — MATERIALITÄT NEU ENTDECKEN UND ZUKUNFT GESTALTEN BEIM MATTER FESTIVAL

Die besten Festivals sind bekanntlich die, die den ganzen Sommer dauern und ohne Kater in Erinnerung bleiben. Das interdisziplinäre „__matter Festival 2025“ ist genau so eins. Bis Oktober verwandelt es Berlin in ein Labor der Materialkultur zwischen Wissenschaft, Kunst und Design. Initiiert vom Exzellenzcluster „Matters of Activity“ der Humboldt-Universität zu Berlin rückt die Veranstaltungsreihe tatsächlich Materialien in den Vordergrund. Was im ersten Moment ein bisschen abstrakt klingt, ist tatsächlich weiter gedacht und deutlich relevanter, als man zuerst meinen könnte – geht es doch schließlich um nichts weniger, als unsere ökologische, soziale und gestalterische Zukunft. Elf Ausstellungen, ein dichtes Eventprogramm, zwölf Orte – von Art Laboratory Berlin bis zum Späth-Arboretum, vom Kunstgewerbemuseum bis zum Silent Green Kulturquartier. Über 70 Forscher:innen aus rund 40 Disziplinen bringen ihre Expertise ein, um das Verhältnis von Natur und Kultur, Biologie und Technik, Symbolik und Stofflichkeit neu zu denken. Beispielsweise taucht im Re:future Lab Rasa Weber mit „What if the Ocean Were a City?“ in die Tiefe der Spree. Ihr Projekt „Syntopolis“ ist ein immersives Riff, das den Raum in ein urbanes Unterwasserhabitat verwandelt. Im wahrsten Sinne verschwimmen hier die Grenzen: zwischen Stadt und Ozean, Mensch und mehr-als-menschlicher Gemeinschaft. Was, wenn die Spree ein Riff wäre?

Wie sähe unser Zusammenleben aus, wenn wir die Perspektive wechseln? Das kann man auch im Späth-Arboretum ergründen, diesem fantastischen geheimen Ort im Süden Neuköllns. Dort lädt die Reihe „Vegetal Companions“ dazu ein, Pflanzen und Bäume als eigenständige Akteure zu erleben. Das Kollektiv der Pflanzen wird zur Inspirationsquelle für neue Formen des Wissens: Boden als Archiv, Philosophie als Gärtnern, Kunst als Forschung. Hier wird der Mensch nicht als Beherrscher der Natur, sondern als Teil eines vielstimmigen Ökosystems verstanden. Auch „Fermenting Textiles“ im Art Laboratory Berlin verwebt Anthropologie, Mikrobiologie und Kunst zu einer multisensorischen Erfahrung. Textilien werden in Schlamm und Pflanzenmaterial fermentiert, der Prozess sichtbar gemacht – ein Sinnbild für die Zusammenarbeit von Spezies, Disziplinen und Traditionen. Das Festival ist ein Plädoyer für das Analoge im digitalen Zeitalter: Materialien werden nicht länger als passive Träger verstanden, sondern als aktive, formende Kräfte, die unsere Welt gestalten. Wir sind aufgefordert Materialität neu zu denken – als etwas, das verbindet, transformiert und Zukunft schreibt. Und was kann befriedigender sein, als kluge Gedanken und neue Perspektiven auf die Welt – einen ganzen Sommer lang.

Text: Hilka Dirks / Fotos: Mathieu Kelhetter; Musée national d’historie Luxembourg; Aubin Woehrel

__matter Festival 2025

Das ganze Programm und alle Orte gibt es hier.

@mattersofactivity

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MEHR ALS EINE ALLEGORIE: MAXIM GORKI THEATER ERINNERT AN DIE AGHET

MEHR ALS EINE ALLEGORIE: MAXIM GORKI THEATER ERINNERT AN DIE AGHET

Es geht um die Aghet, den Völkermord an den Armenier:innen während des Ersten Weltkriegs. Mit dem multidisziplinären Festival „100 + 10 – Armenian Allegories“ schaut das Maxim Gorki Theater nun bereits im zehnten Jahr auf die Katastrophe zurück: Die Veranstaltungsreihe bildet vom 24.04. bis 31.05.2025 den Auftakt und Prolog für RE-IMAGINE! – den 7. Berliner Herbstsalon. Neben neuen Stücken sind Werke aus der letzten Dekade zu sehen, die sich mit der armenischen Realität in Vergangenheit und Gegenwart befassen. Erzählt werden armenische Geschichten aus der ganzen Welt — erdacht und umgesetzt von über 150 Künstler:innen, in Werken bildender Kunst, Filmen und Konzerten. Das Stück „The Bird of a Thousand Voices“ eröffnet das Festival: Der Musiker Tigran Hamasyan, 2021 beim Deutschen Jazzpreis zweifach ausgezeichnet, inszeniert die Neuauflage eines alten armenischen Märchens als Performance zwischen Oper und kinetischer Bühnenkunst. Tagsdarauf feiert „Donation“ Uraufführung: Arsinée Khanjian nutzt ihren Körper als Medium, um Gewalterfahrungen und Traumata spürbar werden zu lassen. Im Stück will die kanadische Schauspielerin einem Archivar historische Filmkostüme schenken, die an den Völkermord erinnern sollen. Doch dieser hinterfragt den Mahn- und Mehrwert der Artefakte.

Am Eröffnungswochenende startet auch die Literaturreihe „Meine Seele im Exil“, für die die Autorin Anahit Bagradjans Stimmen der armenischen und diaspora-armenischen Literatur, gelesen von der Berliner Literaturszene, auf eine Bühne bringt. Die Schriftstellerin Fatma Aydemir, bekannt für ihren Roman „Ellbogen“, und die Autorin und Schauspielerin Maryam Zaree werden aus der für die Reihe titelgebenden Novelle der armenischen Dichterin Zabel Yesayan am 27.04. lesen und diskutieren. Am selben Abend tragen die Schauspieler:innen Benita Bailey, Saro Emirze und Alina Manoukian aus Fatih Akıns Drehbuch zum Film „The Cut“ vor. Erzählt wird die Geschichte des Schmieds Nazaret. Bis Ende Mai schlägt das Gorki so Brücken in die Gegenwart, fragt, wie vergangenes Leid ins Jetzt wirkt und welche Lehren wir ziehen können.

Text: Isabel Raab / Credits: Anush Babajanyan; Nazek Armenakyan, Untitled from the series Red, Black White, 2021; Piruza Khalapyan, The Door to Hell, Nor Getashen, Shahumyan Province, Artsakh, 2020  

Maxim Gorki Theater, Am Festungsgraben 2, 10117 Berlin–Mitte; Stadtplan
100 + 10 – Armenian Allegories, im Studio, Kiosk und im Palais am Festungsgraben, 24.04.–31.05.2025. Der Eintritt zur Ausstellung ist kostenlos.

@maxim_gorki_theater

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