Die Berlin Art Week ist für manche von uns die schönste Woche des Jahres – und wir sind schon wieder mittendrin. Falls Du vor lauter Arbeit noch gar nicht dazu gekommen bist, ins Programm zu schauen, kein Problem: Hier kommen die Höhepunkte der nächsten Tage. Auffällig und toll ist in diesem Jahr die Präsenz starker weiblicher Positionen. Heute Abend eröffnen gleich mehrere davon. In der Berlinischen Galerie kann man tief in Mariechen Danz‚ zeitgenössische künstlerische Forschung an der Schnittstelle von Performance und Wissenschaft eintauchen. Im Georg-Kolbe-Museum eröffnet einer der Teile der multi-institutionellen Retrospektive von Choreografin und Bildhauerin Gisèle Vienne. Besonders schön ist hier die Gegenüberstellung ihrer Arbeiten mit den Werken anderer weiblich gelesener Puppenbauerinnen der Avantgarde des letzten Jahrhunderts (Don’t miss Sophie Taeuber-Arps Bär <3). Wer gleich lieber kaufen statt gucken will, kann das ebenfalls heute Abend (12.09.2024 18h) tun: 50 fürs Flussbad heißt die Auktion, die, wie der Titel schon sagt, mit den Verkäufen dafür sorgen will, eines Tages in der Spree schwimmen zu können. In der unteren Preislage lohnt es sich durchaus auf ein Druck von Something Fantastic zu schielen. Es darf ein bisschen mehr sein? Wie wäre es dann mit einer kleinen gläsernen Skulptur der fantastischen Künstlerin Karin Sander? Kaufen, kaufen, kaufen und in jedem Fall gucken kann man natürlich auch am Freitag (13.09.) – dieses Jahr erstmalig bis 22 Uhr. Die Gallery Night lädt zum Entdecken in der ganzen Stadt, wer Malerei liebt, sollte unbedingt reinschauen bei Societe mit Conny Maier, Meyer-Riegger mit Caroline Bachmann, Trautwein Herleth mit Rebecca Morris und Sprüth Magers mit Oliver Bak. Wer lieber nach Performance sucht, ist sicherlich bei Isabella Bortolozzi gut aufgehoben. „A hole is a hole“ heißt Lily Mcmenamys Performance, die dort zu sehen ist.
Am Samstag (14.09.) gehts weiter. Das Zehlendorfer Fluentum richtet einen Artist Talk mit Calla Henkel und Max Pitegoff (14 Uhr) aus und Ewa Dziarnowskas Performance “This Resting Patience” ist in den Sophiensaelen (15–18 Uhr) zu sehen. Abends gehen die Eröffnungen weiter, unter anderem zeigt das Neuköllner Kindl Zentrum Nina E. Schönfeld, Samuel Fosso und Alfredo Jaar. Den Sonntag könnte man dann perfekt in den Wilhelmhallen vertödeln, wo sich bei „Hallen 05“ erneut einige Galerien zur Gruppenausstellung zusammen gefunden haben. Außerdem haben diverse Sammlungen wie die Kienzle Art Foundation Open House. Abends zeigt das KW in der Auguststraße ein letztes Mal die Performance „Mean Time“ von Amina Szecsödy. Und dann ist die schönste Woche des Jahres schon wieder vorbei.
Text: Hilka Dirks / Credit: Samuel Fosso & JM Patras, Paris; Sarker Protic; Maix Mayer
Berlin Art Week, 11.–15.09.2024, in der ganzen Stadt verteilt. Das gesamte Programm der Art Week gibt es hier.
@berlinartweek
Im September erwachen die Berliner Theaterbühnen wieder zum Leben, und wenn Du auf progressives und zeitgenössisches Theater stehst, gehört das Maxim Gorki Theater definitiv zu den Hotspots. Das Schauspielhaus in Mitte bringt frischen Wind mit einer neuen Runde von Premieren und Dauerbrennern – und das Beste: Bei allen Stücken laufen englische Übertitel mit. Hier sind unsere Highlights der Spielzeit 2024/25: Los geht’s mit Oliver Frljićs Neuinterpretation von Kafkas Der Prozess, die am 21.09. Premiere feiert. Die Inszenierung zieht spannende Parallelen zwischen Kafkas bürokratischem Albtraum und heutigen Machtstrukturen und verleiht dem Klassiker eine aktuelle spätkapitalistische Relevanz. In der darauffolgenden Woche erwartet Dich die Weltpremiere von Wiedergutmachungsjude, der Bühnenadaption des gleichnamigen Buches von Dichter Daniel Arkadij Gerzenberg (27.09., Studio Я). Die intime Auseinandersetzung mit Trauma und Identität ist Teil der Reihe Fяemde Poesie, die eben diese für die Bühne inszeniert. Im Oktober folgt dann eine weitere Premiere: Linkerhand, die Geschichte der jungen ostdeutschen Architektin Franziska Linkerhand, die ihre bürgerlichen Wurzeln hinter sich lässt, um sozialistische Ideale in einer Modellstadt zu verwirklichen.
Die Premiere ist am 18.10. – eine Reise durch Desillusion und gesellschaftliche Ideale. Neben diesen Premieren kehren auch Publikumslieblinge zurück, wie In My Room, ein Stück von Regisseur und Autor Falk Richter, das moderne Männlichkeit seziert. Das Stück wurde 2020 bei den 45. Mülheimer Theatertagen nominiert und ist ab dem 11.10. wieder zu sehen. Das komplette Programm und Tickets findest Du auf der Website des Gorkis.
Text: Benji Haughton / Fotos: Nils Tammer, Judith Buss & Gorki
Maxim Gorki Theater, Am Festungsgraben 2, 10117 Berlin–Mitte; Stadtplan
Das ganze Programm kannst Du online einsehen.
@maxim_gorki_theater
Die meisten wissen mittlerweile, dass die Julia Stoschek Foundation vielleicht die spannendste Sammlung Berlins beherbergt. Die meisten wissen auch, dass die Openings dort mit die besten der Stadt sind. Und wie immer, wenn der Herbst beginnt, ist es wieder so weit. Am 11.09.2024 ab 18 Uhr wird es voll in den heiligen Hallen. „After Images„, so der Name der Gruppenausstellung, präsentiert über 30 Werke, dabei viele für die Ausstellung entstandene Neuproduktionen. Die präsentieren Werke und Interventionen fordern den Begriff der zeitbasierten Kunst heraus und versuchen unser Verhältnis zur zeitgenössischen Bildkultur neu zu justieren. Statt Videokunst, für die die Sammlung dem breiten Publikum bekannt ist, haben die Kuratorinnen Lisa Long und Line Ajan haptische und multisensorische Positionen ins Zentrum der Ausstellung gerückt. Die Materialität der Arbeiten, Textur, Geruch, Klang und Erfahrung fordern unsere gewohnte Hierarchisierung des visuellen Sinns heraus und stellen seine Dominanz infrage – after image eben. Bilder sind halt auch nur eine der Möglichkeiten, die Welt zu verstehen – schließlich heißt es nicht umsonst be-greifen.
So ergießt beispielsweise die großartige Laurel Halo eine ihrer ätherischen Soundinstallationen in die Sammlung, während eine Lichtinstallation von Theresa Baumgartner und eine olfaktorische Intervention von Chaveli Sifre die Räume multisensorisch verändern. Weitere Arbeiten sind von großen Namen wie Rosa Barba, Carsten Nicolai und vielen mehr. Den Abschluss der Ausstellung bildet eine große Klang- und Lichtintervention von Labour, für die das Kino der Foundation umgebaut wurde. Alles gute Gründe, die Ausstellung zu besuchen. Für die volle Sinnlichkeit am besten direkt am Eröffnungsabend – wenn sich zu all der Kunst auch noch das Gemurmel der Gäste mischt.
Text: Alina Herbel / Fotos: Agustin Farias, Frankie Casillo & Robert Hamacher
Julia Stoschek Foundation, Leipziger Str.60, 10117 Berlin–Mitte; Stadtplan
After Images 12.09.2024–27.04.2025. Eröffnung am 11.09.2024 18–22h.
@juliastoschekfoundation
Aus der jährlichen Kunstwoche ist die Messe „Positions“ nicht mehr wegzudenken. Bereits zum elften Mal findet sie nun statt: 111 internationale Galerien aus 24 Ländern stellen auch dieses Jahr in zwei Hangars im Flughafen Tempelhof aus. Vor der industriellen Kulisse findest Du zeitgenössische und moderne Kunst – von etablierten Namen wie Christo und jungen, aufstrebenden Künstler:innen wie Laura Aberham, die am Stand der Galerie von & von gezeigt wird. Sammler:innen sind hier genauso willkommen wie alle, die Freude an Ausstellungen haben und Neues entdecken wollen. Und wer weiß, vielleicht gehst Du mit einem kleinen Kunstwerk aus dem Einstiegssegment nach Hause? Einen Schwerpunkt bilden in diesem Jahr Galerien aus Südkorea. Aus Seoul reist das Team von ThisWeekendRoom an, die Arbeiten der Malerin Jina Park dabei haben. Surreal muten ihre mythischen Szenen an, die sie in Eitempera auf die Leinwand setzt.
Zurückhaltender sind die dunklen, abstrakten Werke des jungen Malers Jungwon Phee, der zwischen Seoul und New York pendelt und von Seojung Art vertreten wird. Jeongmoon Choi, die seit 1995 in Deutschland lebt, begreift sich selbst als Zeichnerin – auch wenn ihre Skizzen nicht auf Papier, sondern im Raum entstehen. Statt zum Stift greift sie zu Fäden, mit denen sie Strukturen im Dreidimensionalen erschafft. Gezeigt werden ihre Arbeiten von Kang Contemporary, die ihren Sitz in Berlin haben. Zusätzlich zu den Standpräsentationen rücken vier junge südkoreanische Künstlerinnen, die in Deutschland leben, in einer kuratierten Sonderausstellung in den Fokus: Im Hangar 6 sind die Arbeiten von Suah Im, Jeiryung Lee, Jaeyun Moon und Sol Namgung zu sehen. Begleitet wird die Positions von einem vollen Rahmenprogramm: Im Hangar 7 findest Du ausgewählte Berliner Modedesigner:innen, die an der Schnittstelle zur Kunst arbeiten oder auch Arbeiten von Up & Coming Künstler:innen. Los geht es am 12.09. mit der Eröffnungsparty!
Text: Laura Storfner / Fotos: Julia Lee Goodwin, Patrick Houi & Dominik Friess
Flughafen Tempelhof, Hangar 6–7, Tempelhofer Damm 45, Berlin–Tempfelhof; Stadtplan
Positions Berlin Art Fair 12.–15.09.2024, Tickets gibt’s hier. Eröffnungsparty 12.09.2024.
@positions.artfair
@/thisweekendroom_official
@seojung_art
@kangcontemporary
Wenn man den Legenden des Hip Hop – Lauryn Hill, Biggie oder den Beastie Boys – in ihrer Anfangszeit gesagt hätte, dass ihr Genre einmal im Museum landet, hätten sie vermutlich gelacht: Wie sollte sich der Geist, der in der Bronx in den 1970ern aus Musik, Graffiti und Mode geboren wurde, in einem White Cube entfalten? Heute ist Hip Hop ein Milliardengeschäft und seine Geschichte lässt sich in einer Vielfalt von Medien erzählen. Genau das will die Ausstellung „Hip Hop: Conscious, Unconscious“ erreichen. Die Macher:innen zeichnen die Entstehung von Hip Hop als Kulturform nach: in Bildern, Texten und Beats. All das, unterhaltsam und locker – ohne zu musealisieren.
Über 200 Aufnahmen von bekannten Dokumentarfotograf:innen wie Martha Cooper und Janette Beckman zeigen die Größen der Industrie: mal in Pose, mal ganz verletzlich. In Berlin wird die Wanderausstellung, die zuvor in New York und Stockholm zu sehen war, um ein Sonderkapitel erweitert: Hier erfährst Du, wer Deutschrap groß gemacht hat und welche Einflüsse von früher bis heute bestehen. Los geht’s am 20.09. mit einer großen Eröffnungsparty. Aufgelegt werden, natürlich, nur die Klassiker!
Text: Laura Storfner / Fotos: Christian Witkin, Henry Chalfant & Jesse Frohman
Fotografiska Berlin, Oranienburger Str.54, 10117 Berlin–Mitte; Stadtplan
Hip Hop: Conscious, Unconscious präsentiert von Fotografiska und Mass Appeal 20.09.2024–26.01.2025. Opening Party am 20.09.2024.
@fotografiska.berlin