Low-Rise-Jeans, Sony Discmans, „…Baby One More Time“, Tamagotchis. Vollgepackt mit Y2K-Cyberkultur und Mode des bevorstehenden neuen Jahrtausends hatte das Jahr 1999 so einiges zu bieten. Auch für den Film war das Jahr ein ungewöhnlich ereignisvolles: Von der stümperhaften britischen Liebeskomödie „Notting Hill“ bis zum Handycam-Horror von „The Blair Witch Project“ – die Bandbreite an kommerziellen und kritischen Hits ist in der Filmgeschichte nahezu unübertroffen. Falls Du diese cineastischen Höhepunkte nochmal erleben (oder, für einige unserer Gen Z-Leser:innen: zum ersten Mal entdecken) willst, bietet die Yorck-Kinokette derzeit die perfekte Gelegenheit. Die Reihe „Back to 1999“ bringt noch bis in den November hinein die Nostalgie der 1990er auf die große Leinwand mit Vorführungen von Filmen zur Jahrtausendwende. Das Programm, das in acht Yorck-Kinos gezeigt wird, umfasst „Being John Malkovich“ (31.10. & 03.11.) und den erotischen Krimi „Eyes Wide Shut“ von Stanley Kubrick mit Tom Cruise und Nicole Kidman (21. & 24.11.). Der letzte Film der Reihe ist „The Matrix“ (28.11.), den man sich nicht oft genug anschauen kann – nicht zuletzt auch, weil er unsere aktuelle Situation mit unheimlicher Genauigkeit auf den Punkt bringt: Er zeigt eine Bevölkerung auf, die in einer maschinell geschaffenen virtuellen Welt gefangen ist, während jeder in seiner eigenen (nicht so realen) Realität lebt. Wo habe ich nur meine roten Pillen hingetan?
Text: Benji Haughton / Fotos: Daniel Horn / Film Still: The Talented Mr. Ripley
Back to 1999 wird im November in acht Yorck-Kinos gezeigt – das vollständige Programm und Tickets findest Du hier.
@yorck.kinogruppe
Es gibt nur einen Ort in Berlin, der so perfekt genau das vereint, was ich am liebsten mag: Architektur und Landschaft. Die Rede ist vom Hansaviertel, einem der prägendsten Architekturprojekte der Nachkriegszeit am Berliner Tiergarten – das westdeutsche Pendant zum Wohnbauprogramm der DDR rund um die Karl-Marx-Allee (1951). Der Einsatz von neuen Materialien, Splitt-Leveln, flexiblen Grundrissen und großzügigen Fensterfronten zeichnete die neuen Wohngebäude aus. Die Grundidee der IBA’57 „Stadt von morgen“ war und ist bis heute ein hochaktuelles Thema in Berlin: Bezahlbaren sozialen Wohnraum schaffen. Mehr als 50 Architekten aus vierzehn Ländern realisierten hier ab 1951 ihre Entwürfe (1300 Wohneinheiten), darunter Alvar Aalto, Arne Jacobsen, Werner Düttmann, Max Taut, Egon Eiermann, Walter Gropius und Oscar Niemeyer. Als einzige Frau und Landschaftsarchitektin gestaltet Herta Hammerbacher den Hansaplatz – das Zentrum des Hansaviertels. Was ich mich bei meinen Spaziergängen durch das Viertel frage: Wer sind die Menschen, die hier wohnen? Wer sind die Gesichter hinter all diesen Fenstern? Diesen Gedanken beschäftigte auch die Journalistin Anna Frey und Fotografin Caterina Rancho. Aus Neugierde heraus entstand der bunte Architekturführer „Hansaviertel Portraits“ mit Portraits von zwölf Bewohner:innen, die ihre Türen für Anna und Caterina öffneten.
Und unterschiedlicher geht’s kaum – was sie jedoch alle vereint, ist die Faszination und Verbundenheit zum Quartier und dessen Geschichte: Daniel aus dem Eternithaus, der seit fünf Jahren im Viertel lebt und den man mehrmals im Monat bei seinen Architekturführungen begleiten kann. Die sympathische Architektin Lina, die im Hochhaus der Niederländer Bakema/van den Brock lebt und für ihre Masterarbeit eine Sound-Installation über das Hansaviertel kreiert hat. Hannes und Peter, die durch die anderthalbgeschossigen Fensterfronten des Scheibenhochhauses von Pierre Vago die Siegessäule mit Goldelse durch die Baumwipfel des Tiergartens sehen. Sie schätzen die unterschiedlichen Lebenskonzepte (durch unterschiedliche Grundrisse), die dieses Haus vereint. So divers und visionär wie das Viertel sind die Anwohner:innen und der neue Architekturführer, der im Oktober 2024 im Distanz Verlag erschienen ist. Der perfekte Begleiter für meine regelmäßigen Besuche im Hansaviertel.
Text: Milena Kalojanov / Fotos: Robyn Steffen
„Hansaviertel – Portraits“ von Anna Frey und Caterina Rancho. 192 Seiten, erschienen im Distanz Verlag auf Deutsch und Englisch.
@hansaviertel_portraits
@distanzverlag
Kann die Erde denken? Was im ersten Moment klingt wie eine Frage des schweizer Künstlerduos Fischli & Weiss wird Ende Oktober im Humboldt Forum ganz wörtlich genommen – zurecht. „99 Fragen – Über die Poetik der losen Enden“ heißt die achttägige Hybridveranstaltung, die Konferenz, Symposium und Ausstellungen kombiniert und dabei Kosmologie, Technologie und vielfältige Wissenssysteme durch Kunst, Workshops und Diskussionen erkundet. Die Aufarbeitung kolonialer Geschichte und die Erweiterung der lokalen zur globalen Perspektive sind dabei nur einige der Ansätze, um das Konzept Museum radikal neu zu denken. Vom 25.10. bis zum 02.11.2024 finden sich dort Künstler:innen, Weber:innen und Denker:innen aus aller Welt ein, das Programm ist groß, komplex und höchst interessant: „Textiles Semillas„, ein feministisches Webprojekt aus Nordargentinien, verbindet über 300 Weberinnen und schafft Raum für Austausch zu traditionellen Techniken und Aktivismus. „South-to-South“ baut Brücken zwischen Brasilien und der Demokratischen Republik Kongo, um afrikanische und afro-diasporische Technologien zu erforschen. Sarah Ndele präsentiert ihre Multimedia-Installation „Tell Me the Story“, in der sie Plastik zu expressiven Masken schmilzt und afrikanische Erzähltraditionen neu interpretiert. Abgerundet wird das Ganze von Workshops, Performances, Talks und Interaktion. So kann man zum Beispiel an der kollaborativen Textilinstallation „La Crecida“ mitwirken, traditionelle Webtechniken erlernen oder im Workshop „Unflexibler Code / Flexible Fäden“ Weben mit digitalem Storytelling verbinden. Die Veranstaltungen sind kostenfrei und offen für alle. Sie finden auf Englisch, Spanisch und Portugiesisch statt und zum gesamten Programm geht es hier.
Text: Alina Herbel / Credit: Alina Bardavid; Dzata: The Institute of Technological Consciousness (2022-2023). Russel Hlongwane, Francois Knoetze, Amy Louise Wilson
Humboldt Forum, Schloßpl.1, 10178 Berlin–Mitte; Stadtplan
Über die Poetik der losen Enden – 99 Questions Gathering 25.10.–02.11.2024
@humboldtforum
In diesem Winter dreht sich im Haus der Berliner Festspiele alles um Erinnerung und Erbe. Die viermonatige Tanz-, Theater- und Performancereihe „Performing Arts Season“ bietet alles von choreografierten Konzerten bis hin zu queeren Rockopern. Das Programm begann letzte Woche und wird diesen Samstag (19.10.2024) mit der Premiere von „Il Cimento dell’Armonia e dell’Inventione“ („Der Wettstreit zwischen Harmonie und Erfindung“) fortgesetzt – eine tänzerische Interpretation von Antonio Vivaldis Barockklassiker „Die vier Jahreszeiten“ durch die Choreograph:innen Anne Teresa De Keersmaeker und Radouan Mriziga. In dieser zeitgenössischen Interpretation des Barockstücks bieten Zyklen, Rhythmen und präzise Bewegungen eine Reflexion über den Wandel der Jahreszeiten. In einer Zeit, in der die Klimakrise die etablierten Wettermuster auf den Kopf stellt, ist dies eine hochaktuelle Produktion. Im November steht „Verrückt nach Trost“ von Regisseur Thorsten Lensing auf dem Programm, in dem sich die Geschwister Charlotte und Felix mit der Trauer und dem Gefühl, wirklich zu leben, auseinandersetzen. Gefolgt von „Der Garten der Lüste„, einem Stück des französischen Regisseurs Philippe Quesne, das sich an Hieronymus Boschs berühmtem gleichnamigen Triptychon orientiert. Im Dezember schließlich wird Lucinda Childs‘ „Dance“, ein postmodernes choreografiertes Stück mit Musik von Philip Glass, wiederaufgenommen – direkt im Anschluss: Eine Präsentation von Childs‘ neuesten Werken mit dem Titel „Four New Works“. Die Weichen sind gestellt, und es ist an der Zeit, sich auf eine Saison der zukunftsweisenden Kultur einzulassen.
Text: Scott Moss / Credit: Anne Van Aerschot; SF, Armin Smailovic; Sally Cohn
Haus der Berliner Festspiele, Schaperstr.24, 10719 Berlin–Wilmersdorf; Stadtplan
Performing Arts Season läuft 2024/25 – das ganze Programm und die Tickets gibt’s hier.
@berlinerfestspiele
DIE STUNDEN DER STUNDE — DRINKS, TUNES UND COMMUNITY GENIESSEN BEI DEN FOTOGRAFISKAS APERITIVO-HOURS
Die Sonne verschwindet immer früher hinter den Dächern, doch die Lust auf kleine Aperitivos, um das Wochenende einzuläuten, bleibt bekanntlich das ganze Jahr. Wenn man sich die Wolken dahinten so anguckt, wäre es vielleicht aber drinnen ganz gut – und am besten noch irgendwo, wo es fantastische Menschen zum Kennenlernen, Austauschen und Networken gibt. Und über welches Thema geht das leichter als die Kunst? Nichts einfacher als das. Immer donnerstags lädt Fotografiska in Mitte in seine Café-Bar zu Aperitivo Hours mit delikaten Drinks, dynamischen DJs und durchaus interessanten Leuten: Kurator:innen, das Museumsteam, die Community und natürlich die Freund:innen, die Du mitbringst – alle sind sie da. Geteilt werden die Liebe zur Fotografie, zu hochwertigen Getränken und heißen Tunes, wie sie von den bekannten Resident DJs wie Dreea, UrbnMowgli und Dimitra Zina aufgelegt werden. Die entspannte Atmosphäre lädt zum Verweilen ein, während man die neuesten Ausstellungen diskutiert oder einfach den Klängen lauscht. Und das beste: Als Fotografiska-Member gibt es Rabatt auf ausgewählte Drinks. Du bist noch keine:r? Dann hier entlang!
Text: Alina Herbel / Credit: Fotografiska
Fotografiska Berlin, Oranienburger Str.54, 10117 Berlin–Mitte; Stadtplan
Aperitivo Hours jeden Donnerstag.
@fotografiska.berlin