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MEHR ALS EINE ALLEGORIE: MAXIM GORKI THEATER ERINNERT AN DIE AGHET

MEHR ALS EINE ALLEGORIE: MAXIM GORKI THEATER ERINNERT AN DIE AGHET

Es geht um die Aghet, den Völkermord an den Armenier:innen während des Ersten Weltkriegs. Mit dem multidisziplinären Festival „100 + 10 – Armenian Allegories“ schaut das Maxim Gorki Theater nun bereits im zehnten Jahr auf die Katastrophe zurück: Die Veranstaltungsreihe bildet vom 24.04. bis 31.05.2025 den Auftakt und Prolog für RE-IMAGINE! – den 7. Berliner Herbstsalon. Neben neuen Stücken sind Werke aus der letzten Dekade zu sehen, die sich mit der armenischen Realität in Vergangenheit und Gegenwart befassen. Erzählt werden armenische Geschichten aus der ganzen Welt — erdacht und umgesetzt von über 150 Künstler:innen, in Werken bildender Kunst, Filmen und Konzerten. Das Stück „The Bird of a Thousand Voices“ eröffnet das Festival: Der Musiker Tigran Hamasyan, 2021 beim Deutschen Jazzpreis zweifach ausgezeichnet, inszeniert die Neuauflage eines alten armenischen Märchens als Performance zwischen Oper und kinetischer Bühnenkunst. Tagsdarauf feiert „Donation“ Uraufführung: Arsinée Khanjian nutzt ihren Körper als Medium, um Gewalterfahrungen und Traumata spürbar werden zu lassen. Im Stück will die kanadische Schauspielerin einem Archivar historische Filmkostüme schenken, die an den Völkermord erinnern sollen. Doch dieser hinterfragt den Mahn- und Mehrwert der Artefakte.

Am Eröffnungswochenende startet auch die Literaturreihe „Meine Seele im Exil“, für die die Autorin Anahit Bagradjans Stimmen der armenischen und diaspora-armenischen Literatur, gelesen von der Berliner Literaturszene, auf eine Bühne bringt. Die Schriftstellerin Fatma Aydemir, bekannt für ihren Roman „Ellbogen“, und die Autorin und Schauspielerin Maryam Zaree werden aus der für die Reihe titelgebenden Novelle der armenischen Dichterin Zabel Yesayan am 27.04. lesen und diskutieren. Am selben Abend tragen die Schauspieler:innen Benita Bailey, Saro Emirze und Alina Manoukian aus Fatih Akıns Drehbuch zum Film „The Cut“ vor. Erzählt wird die Geschichte des Schmieds Nazaret. Bis Ende Mai schlägt das Gorki so Brücken in die Gegenwart, fragt, wie vergangenes Leid ins Jetzt wirkt und welche Lehren wir ziehen können.

Text: Isabel Raab / Credits: Anush Babajanyan; Nazek Armenakyan, Untitled from the series Red, Black White, 2021; Piruza Khalapyan, The Door to Hell, Nor Getashen, Shahumyan Province, Artsakh, 2020  

Maxim Gorki Theater, Am Festungsgraben 2, 10117 Berlin–Mitte; Stadtplan
100 + 10 – Armenian Allegories, im Studio, Kiosk und im Palais am Festungsgraben, 24.04.–31.05.2025. Der Eintritt zur Ausstellung ist kostenlos.

@maxim_gorki_theater

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WO WIR WURZELN SCHLAGEN: EINE FAMILIE ERINNERT SICH BEI ROAM PROJECTS

WO WIR WURZELN SCHLAGEN: EINE FAMILIE ERINNERT SICH BEI ROAM PROJECTS

Was bedeutet Herkunft, wenn einen das Leben entwurzelt und neu starten lässt? Wie bleibt man verbunden, wenn man erst am Lebensende zu seinen Ursprüngen zurückfindet? Ihre Lebenslinien führen von Hanoi über Paris nach Düsseldorf – und nun als Ausstellung nach Berlin: Großmutter Lina reist auf der Suche nach der Vergangenheit mit ihrer Familie nach Vietnam, zurück an ihren Geburtsort. In Uông Bí stand Linas Elternhaus, hier wird sie als Tochter eines Deutschen und einer Vietnamesin geboren. Sie erlebt die japanische Okkupation und den Befreiungskampf der Việt Minh, bevor sie sich 1950 nach Paris aufmacht und eine Schneiderlehre beginnt. Später heiratet sie und zieht nach Deutschland. In Berlin blicken heute Linas Tochter, ihr Schwiegersohn und die Enkelin – die alle drei mit und in der Kunst arbeiten – in einem Projekt auf ihre bewegte Biografie. Miterleben kann es Lina nicht mehr, sie starb 2024 im Alter von 92 Jahren. Doch ihre Erinnerung lebt in „Fluchtpunkt Hanoi“ weiter: Der Projektraum Roam zeigt ab heute Abend die bewegende Installation mit Simultanvideoprojektionen als persönliche Hommage an eine Frau, die ihren Weg fand. Entstanden ist eine visuelle Suchbewegung mit Bildgewalt, die Fragen nach Herkunft und Zuhause, Geschichte und Gegenwart so dicht und unentwirrbar stellt, wie Linas Lebensbahnen verlaufen sind.

Text: Laura Storfner / Credit: Thomas Gaschler, Marina Ludemann, Nina DeLudemann, Ottjörg A.C.

roam projects e. V., Lindenstr.91, 10969 Berlin–Kreuzberg; Stadtplan

Fluchtpunkt Hanoi 1906–2025: Ein Kunstprojekt von Thomas Gaschler, Marina Ludemann, Nina DeLudemann, Ottjörg A.C. Eröffnung 03.04. 19–22h, bis 01.05.2025

@roam_projects_______

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ERWÄGE ES, DER KUNST ZUZUHÖREN — DIE SAMMLUNG HAUBROK ERÖFFNET DIE AUSSTELLUNG „CONSIDER LISTENING“

ERWÄGE ES, DER KUNST ZUZUHÖREN — DIE SAMMLUNG HAUBROK ERÖFFNET DIE AUSSTELLUNG „CONSIDER LISTENING“

Der Berliner Kunstsammler Axel Haubrok sammelt Haltung. Der amerikanische Bildhauer Sam Durant macht Kunst mit Haltung. Zusammen haben sie nun eine Ausstellung in der Haubrok Foundation auf dem Gelände der Fahrbereitschaft in Lichtenberg kuratiert, die an diesem Sonntag (06.04.2025 16 Uhr) eröffnet. „Consider Listening“ ist der Titel, angelehnt an dieselbige Aufschrift auf einer Lichtbox von Durant – ein überaus guter Ratschlag für das Leben im Allgemeinen und in Zeiten wie diesen im Besonderen. Versammelt werden hier Werke aus der Sammlung sowie einige Leihgaben. Vertreten sind dabei unter anderem Positionen von Monica Bonvicini, Willem de Rooij, Sam Durant, Claire Fontaine, kim gordon, Douglas Gordon, Mona Hatoum, Alfredo Jaar, Ahmet Öğüt, Adrian Piper, Gerhard Richter und Heimo Zobernig, um nur einige zu nennen. Ganz im Geiste des Titels wird die Ausstellung in den nächsten Wochen und Monaten bis Mitte Juli durch eine Reihe von Events und Talks ergänzt werden, die sich um gegenwärtige und zukünftige Fragen zu Kunst, Gesellschaft und der Stadt drehen werden. Will man aus vergangenen Veranstaltungen und dem intellektuellen Anspruch der Kuratoren schließen, werden Ausstellung und Veranstaltungen höchst interessant, ästhetisch anspruchsvoll und das erwartbar anschließende Abendessen im Don Xuan Center schnell und gemütlich. Consider going.

Text: Hilka Dirks / Fotos: Ludger Paffrath, Ériver Hijano / Credit: Sam Durant, Consider Listening, Edition for the haubrok foundation, Berlin 2025

Haubrok Foundation auf dem Gelände der Fahrbereitschaft, Herzbergstr.40–43, 10365 Berlin–Lichtenberg; Stadtplan

Consider Listening 06.04.–06.07.2025, Eröffnung 06.04.2025 ab 16h

@haubrokfoundation

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SINNLICHKEIT UND MELANCHOLIE — KUNSTEMPFEHLUNGEN IM FRÜHLING

SINNLICHKEIT UND MELANCHOLIE — KUNSTEMPFEHLUNGEN IM FRÜHLING

Alles macht mehr Freude, wenn die Sonne scheint, ganz so, als sei man einfach empfindsamer und offener für die schönen Dinge im Leben. So ist es auch mit der Kunst, obwohl die ja meistens drinnen hängt. Hier kommen ein paar Empfehlungen für die nächsten Wochen, bevor eh wieder alles auf Gallery Weekend Wahnsinn umstellt: Ein sensibles, malerisches Spätwerk kann man gerade in der kleinen Ausstellung von Ull Hohn im Haus am Waldsee in Zehlendorf mit dem nüchternen Titel „Revisions“ erleben. Hier werden Werke des viel zu früh an HIV verstorbenen Richter-Schülers gezeigt. Seine verschwommenen Embryos und glänzend verwaschenen Landschaften zeigen eindringlich, was Malerei – und nur Malerei – so alles in einem auslösen kann und wie Bob Ross’ Ästhetik zu klugem Konzept avanciert werden kann. Zehlendorf ist zu weit weg, aber ein bisschen frische Luft und Kunst soll’s doch sein? Kein Problem. Einfach am Landwehrkanal entlang spazieren und noch bis zum 17.04. bei den Kreuzbergern von Trautwein-Herleth vorbeischauen. „Devotion“ heißt die dortige Gruppenausstellung, die fast mit dem Impetus einer kleinen Insititutionsshow daher kommt. Monika Baer, Klossowski und anonyme weirde figurative Skulpturen sind nur ein paar der Positionen. Hinten im Büro hängt noch ein kleiner Paul P. – und auch der lässt einen ähnlich wie bei Hohn staunen, vor so viel gemalter Schönheit auf so kleinem Format.

Noch mehr Malerei gibt es ab morgen Abend (28.03.) bei Pol Taburet im Schinkel Pavillon, dessen Ausstellung „The Burden of Papa Tonnerre“ dort eröffnet. Erwartbar werden sich gute Kunst und sehr viele Leute in verrückter Fashion einfinden. Einer der spannendsten Kulturorte der Stadt, der meist jedoch unter dem Radar verschwindet, ist der Bärenzwinger in Mitte. „If my Neighbour is ok, I’m ok“ heißt die aktuelle Gruppenausstellung dort und everybody will be more than ok, nachdem sie:er sie besichtigt hat. Die kommunalen Galerien der Bezirke haben sich übrigens insgesamt in den letzten Jahren sehr gemausert. Am Freitag, den 04.04., eröffnet an einem dieser neuesten Orte, in der Kunstbrücke am Wildenbruch eine weitere kleine Gruppenausstellung. Warum nicht dort mal vorbeischauen? Noch ein bisschen hin, aber schonmal vormerken kann man sich die Eröffnungen von Yoko Ono im Gropius Bau und Tobias Spichtig bei Contemporary Fine Arts. Und dann? Ja, dann ist auch schon wieder Mai.

Text: Hilka Dirks / Credits: Pol Taburet, The Burden of Papa Tonnerre; Trautwein Herleth, Devotion; Ull Hohn, Untitled, 1994. Öl auf Leinwand. Courtesy Nachlass Ull Hohn und Galerie Neu, Berlin

Haus am Waldsee, Argentinische Allee 30, 14163 Berlin–Zehlendorf; Stadtplan
Ull Hohn „Revisions“ bis 11.05.2025

Trautwein Herleth, Kohlfurter Str.41/43, 10999 Berlin–Kreuzberg; Stadtplan
Devotion“ bis 15.04.2025 

Schinkel Pavillon, Oberwallstr.32, 10117 Berlin–Mitte; Stadtplan
Pol Taburet „The Burden of Papa Tonnerre“ Eröffnung 28.03.2025 ab 18h, bis 13.07.2025 

Bärenzwinger, Im Köllnischen Park, Rungestr.30, 10179 Berlin–Mitte; Stadtplan
If my Neighbour is ok, I’m ok“ bis 04.05.2025

Kunstbrücke am Wildenbruch, Wildenbruchbrücke Ecke, Weigandufer, Berlin–Neukölln; Stadtplan
„Cosmopolitics“ Eröffnung: 04.04.25 ab 18h, bis 01.06.2025

@hausamwaldsee
@trautweinherleth
@schinkelpavillion
@kunstbruecke_am_wildenbruch

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SAIGON BIS PARIS? DAS FESTIVAL INTERNATIONALE NEUE DRAMATIK BRINGT STÜCKE AUS DER GANZEN WELT AN DIE SCHAUBÜHNE

SAIGON BIS PARIS? DAS FESTIVAL INTERNATIONALE NEUE DRAMATIK BRINGT STÜCKE AUS DER GANZEN WELT AN DIE SCHAUBÜHNE

Wenn man ein Bild für das FIND 2025, das Festival für Internationale Neue Dramatik an der Schaubühne, finden wollte, dann müsste man nur von Caroline Guiela Nguyens neuem Theaterstück erzählen: In „Lacrima“ verwebt die französisch-vietnamesische Regisseurin – der das diesjährige Festival gewidmet ist – Fragen nach Herkunft, Klasse und Arbeit zu einer Geschichte, die Kontinente umspannt. Beauftragt damit, ein Hochzeitskleid für das britische Königshaus zu fertigen, machen sich ein britischer Modeschöpfer, eine Schnittzeichnerin in Paris, Spitzenklöpplerinnen in Alençon und ein Perlensticker in Mumbai ans Werk. Das Erkunden von universellen Themen aus verschiedenen geografischen Perspektiven zeichnet das FIND aus: Aktuelle Theaterstücke aus allen Teilen der Welt, immer auch auf Englisch übertitelt, kommen verlässlich seit mehr als zwanzig Jahren in Wilmersdorf auf die Bühne. In diesem Jahr richtet sich der Blick mit Stücken aus Frankreich, Belgien, Irland, Spanien, den USA und Kirgisistan nach innen, auf die Familien in den eigenen vier Wänden. Aber auch beim FIND ist das Private, ganz gleich ob in Saigon oder Strasburg, immer dezidiert politisch. So wagt der wallonische Schauspieler Cédric Eeckhout einen sehr persönlichen Blick zurück, indem er für das Stück „Héritage“ seine eigene Mutter verpflichtet: Auf dem Papier lebte die 75-jährige Jo wie eine Frau in der damaligen Zeit zu leben hatte – sie heiratete mit 19, bekam drei Kinder, baute ein Haus, kaufte Kleider und den neuesten Staubsauger. Hinter all der Konventionalität findet Cédric Eeckhout trotzdem ein emanzipatorisches Vorbild: eine Heldin, die unabhängig sein wollte und dieses Freiheitsgefühl an ihren Sohn weitergab.

Die Vergangenheit voll Gewalt und Trauer aufarbeiten, das will auch die Hauptfigur in „Safe House„: In einer leerstehenden Handballhalle im irischen Galway singt sich die junge Protagonistin von Tony-Gewinner Enda Walsh und Komponistin Anna Mullarkey in einen neuen Lebensabschnitt. Mit ähnlichen Traumata haben die Figuren in Milo Raus „Medea’s Kinderen“ zu kämpfen: Rau verblendet Euripides‘ Tragödie der Kindermörderin mit einem realen belgischen Fall und lässt die Kinder selbst zu Wort kommen. Für ihre Mutter sprechen und übersetzen muss auch die Tochter in Caroline Guiela Nguyens neuster Arbeit „Valentina„. Guiela Nguyen, die für das Stück in der rumänischen Community von Straßburg recherchierte, erzählt, was es bedeutet, als Kind mit Migrationsgeschichte für das Leben der Eltern Verantwortung zu übernehmen. Denn das Mädchen Valentina sitzt zwischen den Stühlen – übersetzt es eine Krankheitsdiagnose, die auf nichts Gutes hoffen lässt, oder lässt es die Mutter im Ungewissen? Die FIND-Stücke entlassen einen mit diesen Fragen zurück in den Alltag: Wie gehen wir mit Schmerz – dem persönlichen und dem der anderen – um? Wie finden wir Worte, wenn wir den Ausweg nicht sehen und doch von Hoffnung sprechen wollen?

Text: Laura Storfner / Fotos: Bea Borgers, Jean Louis Fernandez 

Schaubühne am Lehninger Platz, Kurfürstendamm 153, 10709 Berlin–Wilmersdorf; Stadtplan

FIND – Festival Internationale Neue Dramatik 04.–13.04.2025. Das komplette Programm findest Du hier

@schaubuehne_berlin

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