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EIN PREUSSISCHES SCHLOSS, EIN ENGLISCHER GARTEN UND UNENDLICH VIEL KULTUR — EINTAUCHEN INS SOMMERPROGRAMM AUF SCHLOSS NEUHARDENBERG

EIN PREUSSISCHES SCHLOSS, EIN ENGLISCHER GARTEN UND UNENDLICH VIEL KULTUR — EINTAUCHEN INS SOMMERPROGRAMM AUF SCHLOSS NEUHARDENBERG

Berlin ab und an zu verlassen, ist insbesondere im Sommer immer eine gute Idee. Tut man es in nordöstlicher Richtung, kommt man irgendwann beim Schloss Neuhardenberg an. Ruhig liegt das preussisch-klassizistische Ensemble in der Sonne, irgendwo zirpen ein paar Grashüpfer, es riecht nach Sand und Rasen und Wasser. Ausgestreckt breiten sich Schloßgebäude, Seitenflügel, Orangerie, Brennerei und Schinkel-Kirche auf dem Gelände aus, zusammengehalten von einer der schönsten Gartenanlagen Brandenburgs im englischen Stil. Heute in den Händen einer Stiftung beherbergen die Räume ein Hotel, diverse Gastronomien, eine informative Ausstellung zur Geschichte des Ortes und jede Menge Platz für Kultur. So eröffnet am 16.06.2024 die Gruppenausstellung zum 21. Brandenburgischen Kunstpreises in der Ausstellungshalle oder lockt das Festival „Ins Freie“ die Besucher:innen zu stilvollen Open-Air-Veranstaltungen. Und was für Veranstaltungen das sind! Ob die von vier Schauspieler:innen performte Lesung des messerscharfen Yasmina Reza-Klassiker „Der Gott des Gemetzels“ (unter anderem mit der eindringlichen Stimme einer klugen Maria Schrader und dem sanften Ton Samuel Finzis), einem Konzert der ehemaligen Kleingeldprinzessin Dota Kehr und dem Filmorchester Babelsberg oder dem Urgestein des deutschen politischen Liedes, Konstantin Wecker, das Programm ist dicht, hochwertig und abwechslungsreich. Einer der Höhepunkte ist sicherlich der vom ehemaligen Berlinale-Direktor Dieter Kosslick kuratierte Abend “Kino trifft Kulinarik„, an dem gleich Abendessen, Konzert, Gespräch und Film kombiniert werden.

Es geht selbstverständlich um Genuss und Sinnlichkeit. Im Mittelpunkt steht der Film „Geliebte Köchin“ des vietnamesischstämmigen französischen Regisseurs Trần Anh Hùng mit Juliette Binoche in der Hauptrolle, Chansons, vorgetragen vom großen Burghart Klaußner und französische Spezialitäten im Rosengarten – zuvor sprechen die Starköche Eckart Witzigmann und Stephan Hentschel über die französische Kochkunst. Und wenn die Sonne hinterm Garten untergegangen ist, und das letzte Glas Champagner geleert und Berlin einfach viel zu weit weg erscheint, dann findet man mit Glück noch ein frisches Hotelbett, nur ein paar Schritte entfernt. Berlin ab und an zu verlassen ist eben insbesondere im Sommer eine wirklich gute Idee.

Text: Alina Herbel / Fotos: Fotokraftwerk, Toma Babovic, Filmstill „Geliebte Köchin“

Schloss Neuhardenberg, Schinkelplatz 1–8, 15320 Neuhardenberg; Stadtplan
Das komplette Programm findest Du hier.

@schlossneuhardenberg

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HANS BALUSCHEK IM BRÖHAN-MUSEUM: BERLIN ZWISCHEN SPIRITISMUS UND SOZIALKRITIK

HANS BALUSCHEK IM BRÖHAN-MUSEUM: BERLIN ZWISCHEN SPIRITISMUS UND SOZIALKRITIK

Den Maler Hans Baluschek kannte man bislang vor allem für seinen sozialkritischen Blick auf Berlin um 1900: Er hielt sich an den Rändern der Gesellschaft auf und porträtierte die vom Leben gezeichneten Großstädter:innen, die Arbeiter:innen und die Armen. Dabei führte der überzeugte Sozialdemokrat seine Modelle nie vor. Beinahe liebevoll ließ er die zwielichtigen Straßenecken und die Gestalten, die sie bewohnten, im Schein der Straßenlaternen und Zigarettenglut aufleuchten. Das Bröhan-Museum zeigt nun eine Seite Baluscheks, die bislang im Dunklen blieb: Denn in den ungeschönten Szenen der Berliner Arbeiter:innenschaft scheinen immer wieder rätselhafte Details auf, die nicht zum typischen Realismus der Zeit passen. So zeigt die Ausstellung, dass Baluschek zwar auf der Oberfläche wahrheitsgetreu malte – zwischen den Farbschichten aber Anspielungen auf Spiritismus und Hexenkult einbrachte. Hinter der harten Wirklichkeit und dem Elend liegt, folgt man der Interpretationslinie der Kurator:innen, eine zweite Welt.

So mag sein Gemälde „Hier können Familien Kaffee kochen“ auf den ersten Blick wie eine vertraute Ausflugsszene von damals wirken: Der Bildtitel ist ein Hinweis auf einen Alt-Berliner Brauch, der Gäste aus dem Arbeitermilieu und Kleinbürgertum ansprach. Diese brachten sich ihren gemahlenen Kaffee und das Essen selbst mit und zahlten nur für entliehenes Geschirr, Milch und heißes Wasser. Weiß man um Baluscheks Interesse am Okkulten, kommt man jedoch nicht umhin, die Szene neu zu sehen: Erinnern die Damen nicht ein wenig an Hexen, die Tränke und Tinkturen anmischen? Oder handelt es sich hier gar um gewerbsmäßiges Wahrsagen aus dem Kaffeesatz? Andeutungen und Auffälligkeiten hat Baluschek in seinen Bildern viele hinterlassen. Die Ausstellung bietet neue Interpretationsmöglichkeiten an und leistet damit Bemerkenswertes: Sie zeigt einen vertrauten Maler in ganz neuem Licht.

Text: Laura Storfner / Fotos: Martin Adam / Credit: Hans Baluschek, Bröhan-Museum, Berlin

Bröhan-Museum, Schloßstr.1a., 14059 Berlin–Charlottenburg; Stadtplan
Geheimcodes. Hans Baluscheks Malerei neu lesen! bis 01.09.2024

@broehan_museum

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LEGENDEN FEIERN UND LEGENDÄR FEIERN: WARHOL BEI FOTOGRAFISKA — DIE OPENING PARTY

LEGENDEN FEIERN UND LEGENDÄR FEIERN: WARHOL BEI FOTOGRAFISKA — DIE OPENING PARTY

Die Kunst feiern oder die Kunst, zu feiern – um beides geht es beim Fotografiska Event anlässlich der neuen Warhol Ausstellung, die diesen Freitag (17.05.2024) eröffnet. Die heißt „After the Party“ – und um die Ausstellung passend zu rezipieren, könntest Du dies wortwörtlich „after the party“ machen. Also erst feiern im Fotografiska und dann nochmal zurückkommen und die Aufnahmen des großen Pop-Art-Künstlers betrachten! Die Opening Party mitzunehmen lohnt sich, denn das Fotografiska-Team hat ein beeindruckendes Line-up und Programm zusammengestellt – wer hier nicht auf seine Kosten kommt, war einfach nicht in Feierlaune. Los geht’s schon um 20 Uhr, und direkt nach der Eröffnungsrede legt Darwin Stapel als DJ los. Danach folgt ein kuratiertes Programm mit Tanzperformances im Ballroom von Soulmates. Zwei weitere DJ Sets (John Agesilas, Kapela Marna) folgen bis 4 Uhr morgens. Wenn Dir das noch nicht genug ist, dann steig ins nächste Level auf: In der Veronika Bar eine Etage höher ist bis 4 Uhr morgens ebenfalls Programm mit Tracks von Daniel Wang b2b Liad Krispin. Also von Vogueing zu Ballroom, Disco und House – die Musik sollte zum Tanzen animieren. So viel sei versprochen: Das Haus wird voll sein – ob’s so legendär wird wie im Studio 54 ist schwer zu sagen (denn wer war schon dabei), aber das vorgesehene Programm bietet zumindest schonmal die perfekte Grundlage dafür. 

Text: Maria Mayer / Credits: Mason Rose, Darwin Stapel, Jon Gould in Montauk, 1981 © 2024 The Andy Warhol Foundation for the Visual Arts, Inc. Licensed by Artist Rights Society, ARS, New York

Fotografiska, Oranienburger Str.54, 10117 Berlin–Mitte; Stadtplan

After the Party Eröffnung: 17.05.2024 20–4h. Die Ausstellung läuft bis zum 15.09.

@fotografiska.berlin

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LATE NIGHT ART — WARHOL POLAROIDS, MUSIK UND TANZ BEI FOTOGRAFISKA

LATE NIGHT ART — WARHOL POLAROIDS, MUSIK UND TANZ BEI FOTOGRAFISKA

Wer in den 1970er Jahren einen Blick auf Andy Warhol erhaschen wollte, konnte ihn im New Yorker Studio 54 antreffen, wo er neben Bianca Jagger und Grace Jones Hof hielt. Ein halbes Jahrhundert und einen Transatlantikflug weiter ist der amerikanische Pop-Art-Künstler – oder genauer gesagt eine Auswahl seiner Werke – für eine weitere Party zurück. Fotografiska, der Kunstraum in Mitte, der 2023 das ehemalige Kunsthaus Tacheles übernahm, zeigt eine neue Ausstellung von Warhols Fotos, die am nächsten Freitag (17.05.2024) eröffnet wird. Die Schau trägt den Titel After the Party und verspricht, „eine andere Seite“ Warhols zu zeigen – einen Blick auf einen verletzlichen Künstler, der Zugehörigkeit und Gemeinschaft suchte. Warhols bekannte Porträts von berühmten Persönlichkeiten und intime Polaroids von seinen Musen werden neben seltener gezeigten Fotografien und der Videoarbeit „Blow Job“ gezeigt. Am Eröffnungsabend hat die Ausstellung besonders lange geöffnet und wird von einem umfangreichen Musikprogramm mit DJs, Tanz- und Gesangsdarbietungen begleitet. Kunst kombiniert mit ein wenig nächtlichem Hedonismus – der Pionier der Pop-Art wäre sicher nicht dagegen.

Text: Benji Haughton / Credit: 2024 The Andy Warhol Foundation for the Visual Arts, Inc. Licensed by Artist Rights Society, ARS, New York

Fotografiska, Oranienburger Str.54, 10117 Berlin–Mitte; Stadtplan

After the Party Eröffnung: 17.05.2024 20–4h. Die Ausstellung läuft bis zum 15.09.

@fotografiska.berlin

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WIE DER KÜNSTLER KADER ATTIA DIE REPARATUR ZUM PRINZIP SEINER KUNST MACHT

WIE DER KÜNSTLER KADER ATTIA DIE REPARATUR ZUM PRINZIP SEINER KUNST MACHT

Wie repariert man, was zerbrochen ist? Wie heilen die Wunden der Vergangenheit? Der Künstler Kader Attia beschäftigt sich seit Jahren mit dem Thema der Reparatur und was sie für die Kunst bedeuten kann. Als Kurator der letzten Berlin Biennale 2022 übersetzte er das Prinzip in sein Programm. Nun widmet er sich mit einer eigenen Ausstellung erneut der alten Frage: In der Berlinischen Galerie ist sein Werkkomplex „J’Accuse“ von 2016 zu sehen, der aus siebzehn Holzbüsten und acht Skulpturen besteht. Die Büsten sind als „gueules cassées“ angelegt – als Abbildungen von Soldaten des Ersten Weltkriegs, die schwerste Gesichtsverletzungen davongetragen haben. Schmerzverzerrt und entstellt blicken die Gesichter ins Leere. Attia hat sie bewusst nicht im Detail dargestellt, sondern grob aus Holz herausgeschlagen, um die Härte des Weltkriegs zu transportieren. Wie sie, versetzt zueinander aufgereiht, in der Halle stehen, tritt einem die Sinnlosigkeit des Kriegs mit voller Wucht entgegen. Benannt hat Attia die Arbeit und die gesamte Ausstellung nach einem Antikriegsfilm des französischen Regisseurs Abel Gance, aus der er ebenfalls einen Ausschnitt zeigt.

Während „J’Accuse“ wie ein Mahnmal gegen aktuelle Kriege aus der Vergangenheit ins Jetzt wirkt, setzt „The Object‘s Interlacing“ von 2020 bei einer Diskussion an, die im Kunstdiskurs gegenwärtiger nicht sein könnte: In seinem Film spricht Attia mit Expert:innen darüber, wie mit Objekten aus kolonialen Kontexten umgegangen werden sollte. Wie Restitution als Form der Reparatur funktionieren kann, interessiert ihn dabei besonders. Um Attias Arbeiten zu kontextualisieren, zeigt die Berlinische Galerie sie im Wechselspiel mit einem beeindruckenden Werk aus der eigenen Sammlung: Hannah Höchs Collagen-Serie „Aus einem ethnographischen Museum“ (1924-1934). Die Dada-Künstlerin paart in ihren Fotomontagen Bilder aus Modemagazinen der Zwanzigerjahre mit Abbildungen von antiken Skulpturen und Kunst indigener Kulturen. Ihre Bildschöpfungen werfen eine Reihe von Fragen auf: Was verstehen wir als Schönheitsideal? Wie wird der weibliche Körper wahrgenommen? Und kann das Collagieren, als Technik der Zerstörung und Reparatur, neue Formen des Sehens eröffnen? Über diesen letzten Punkt hätten Kader Attia und sie sich lange austauschen können.

Text: Laura Storfner / Credits: VG Bild-Kunst, Bonn 2024, Courtesy Kader Attia und Galerie Nagel Draxler Berlin/ Köln/ München; Fotos: Power Plant Contemporary Art Gallery Toronto / Toni Hafkenscheid; Berkely Art Museum and Film Parcific Film Archive / JKA Photography

Berlinische Galerie, Alte Jakobstr.124–128, 10969 Berlin–Kreuzberg; Stadtplan 

Kader Attia – J’Accuse, bis 19.08.2024

@berlinischegalerie

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